Schewat/ Paraschat Beschalach

Die jüdischen Monate

Der Monat Cheschwan / Mar-Cheschwan / Bul

Aus Sefer Hatoda’a / Das Jüdische Jahr

Bearbeitet und ergänzt von S. Weinmann

 

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  • Bul: Monat des "Mabuls" (die Sintflut)
  • Bul: von "Balo" - Welken
  • Bul: von "Balol" - Mischen
  • Bul: von "Niwul" - Verunstalten
  • Bul: von "Jewul" - Ertrag
  • Mar-Cheschwan: der bittere Cheschwan - weshalb?
  • Mar-Cheschwan: die Wassertropfen des Cheschwan
  • Mar-Cheschwan: Fertigung des Tempelbaus, jedoch keine Einweihung

Wir stehen im Jahr 5784. Vor 4128 Jahren, im Jahre 1656, begann in diesem Monat der Mabul (die Sintflut)


Cheschwan ist der zweite Monat des neuen Jahres, wird aber in der Torah der achte genannt, weil man mit Nissan zu zählen anfängt. Dieser Monat wird im Tanach "Bul" genannt. Im ersten Buch der Könige (Melachim I, 6, 38) heisst es: "Und im elften Jahre, im Monat Bul, das ist der achte Monat, war das Haus (der Tempel) fertig..."

Im Midrasch (Jalkut Schimoni Melachim 184) und zusätzlich in Raschi (Melachim I, 6, 38)  werden insgesamt vier Gründe angegeben, warum dieser Monat Bul heisst: Erstens, weil in diesem Monat die Sintflut (im Hebräischen Mabul) begann.  Zwei weitere Gründe, weil in diesem Monat alle Blätter auf den Bäumen und alles Gras auf den Feldern welken (im Hebräischen Balo)und das Futter für das Vieh im Haus gemischt wird (im Hebräischen: Balol). Viertens, die Erde wird durch die abfallenden Blätter verunstaltet (im Hebräischen: Niwul).
Andere wieder meinen, das Wort „Bul“ käme von „Jewul“ – Ertrag, denn während dieses Monats beginnt im Lande Israel das Pflügen und das Pflanzen.

Seit der Rückkehr der Verbannten aus dem babylonischen Exil erhielt dieser Monat den Namen Cheschwan. Man nennt ihn auch Mar-Cheschwan und dies aus zwei Gründen. Während dieses Monats gibt es weder Feste noch Feierlichkeiten. In diesem Monat geschahen aber viel Unheil und Missgeschick für Israel. Am 15. des Monats führte Jerow’am, der erste König über Malchut Jisrael (zehn Stämme), ein neues Fest ein, und dies erweckte g“ttlichen Groll gegen Israel. Am fünften des Monats schlachteten die Babylonier die Söhne von Zidkijahu, des letzten Königs Jehudas, vor seinen eigenen Augen. Dem König Zidkijahu stachen sie dann die Augen aus, legten ihn in Ketten und brachten ihn nach Babylonien. In diesem Monat strafte G“tt die Menschheit mit der Sintflut und vernichtete die ganze Welt. Darum nennt man diesen Monat „Mar“-Cheschwan, einen bitteren Monat; Mar bedeutet im Hebräischen bitter.

Hauptsächlich aber nennt man ihn „Mar“-Cheschwan anspielend auf die besondere Verbindung des Monats zum Regen. So betrachtet heisst das Wort „Mar“ – Wassertropfen – so heisst es in Jeschajahu (40, 15): „Siehe die Nationen gleichen einem Wassertropfen (ke’Mar) aus einem Eimer“. Der siebte Cheschwan ist der Tag, an dem die Juden in Israel für Regen zu beten beginnen, nachdem dort den ganzen Sommer hindurch kein Regen gefallen ist.

Eine Unvollkommenheit, die in Zukunft wieder hergestellt wird

Obwohl es im Cheschwan keinen Feiertag gibt, hätte zur Zeit des Königs Salamon (Schlomo Hamelech) in diesem Monat ein Fest eingeführt werden sollen. Nachdem er nach siebenjähriger Arbeit den Tempel errichtet hatte, beendigte er den Bau in diesem Monat (Melachim I, 6, 38): "Und im elften Jahre, im Monat Bul, das ist der achte Monat, war das Haus (der Tempel) fertig..." Er hatte sieben Jahre lang daran gearbeitet. Ganz Israel wartete auf die Einweihung des Tempels. Schlomo wartete auf G“ttes Befehl, aber kein Befehl kam. Während elf Monaten blieb der Tempel geschlossen, bis der Tischri kam, und dann erst wurden die Einweihungsfeierlichkeiten während des Monats angeordnet. So gesehen verlor Cheschwan seinen Jom Tov, und Tischri gewann ihn.

Trotz all dem bleibt die Tatsache bestehen, dass im Cheschwan der Tempelbau beendet wurde. Während 1319 Jahren, von der Sintflut (im Jahr 1656) bis zum Fertigstellen des Tempelbaus (im Jahr 2975), war die Welt vom 17. Cheschwan bis zum 28. Kislev (die vierzig Tage der Flut) immer von Angst und Schrecken erfüllt. Doch als der Tempelbau beendet war, übte der Monat Cheschwan keine Furcht mehr bei den Menschen aus. Darum nahm man den Buchstaben „Mem“, dessen Zahlenwert 40 ist (vierzig Tage der Flut), von dem Wort Mabul weg und dieser Monat wurde nunmehr „Bul“ genannt.

Im Midrasch (Jalkut Schimoni Melachim 184) steht: ...und Marcheschwan wird einst für seinen Verlust (der Tempeleinweihung) von G"tt entschädigt werden, (mit einem eigenen Feiertag).

Wollen wir gemeinsam beten, dass diese Entschädigung im diesjährigen Cheschwan, durch die Einweihung des dritten Tempels, geschehen soll.

Das Fasten von "Bahab" – Montag, Donnerstag und Montag

Der erste Montag, Donnerstag und Montag nach Rosch Chodesch Cheschwan sind Tage des Gebetes und des Fastens. Man nennt sie "BaHab", nach den Tagen, an denen sie festgesetzt wurden, BejtHejBejt = 2 - 5 - 2, das heisst am zweiten, fünften und wieder am zweiten Tag nach Schabbat, nämlich Montag, Donnerstag und Montag, die nach Rosch Chodesch Cheschwan fallen.

Der Grund, diese Tage als Fast- und Gebetstag einzuführen, ist folgender: Da die Festtage, die im vorherigen Monat gefeiert wurden, Tage des Festmahles und der Freude waren, fürchten wir, dass diese Freudenfeiern zu Übermütigkeit und Vergehen geführt haben könnten; darum fasten wir, um Versöhnung zu erbitten. Diese Idee wird durch folgende Texte ausgedrückt: "Iwdu et Haschem beSimcha - dienet G"tt in Freude" [Tehilim/Psalm 100:2], aber "Wegilu Bir’ada - freuet euch zitternd" [Tehilim/Psalm 2:11], – da wo es Freude gibt, sollte es auch Zittern geben.

Auch in Ijow (Hiob) steht geschrieben [1:4-5]: "Und seine (sieben) Söhne gingen und machten ein Mahl, ein jeglicher in seinem Hause auf seinen Tag, und sandten hin und luden ihre drei Schwestern ein, mit ihnen zu essen und zu trinken. Und es war (immer), als die (sieben) Tage der Mahlzeiten vorübergegangen waren, da schickte Ijow zu ihnen (den Söhnen) und liess sie rufen, und er stand früh am Morgen auf und brachte (zehn) Ganzopfer dar, nach der Zahl aller, denn Ijow sagte sich, vielleicht haben meine Söhne sich versündigt... so tat Ijow allezeit (immer nach den sieben Tagen)".

Dieses Fasten und Beten wurde nach Sukkot und Pessach verordnet, da beide arbeitsfreie und freudige Tage sind; so ist Grund vorhanden zu befürchten, dass das Volk übermütig geworden ist. Im Falle von Schawuot jedoch, das nur einen Tag lang gefeiert wird (in der Diaspora zwei Tage), besteht diese Gefahr nicht.

Einige sind der Ansicht, dass diese Fast- und Gebetstage eingerichtet wurden, im Monat Cheschwan, um für Regen und Segen zu bitten und im Monat Ijar, um für das Gedeihen des Getreides zu bitten.

Diese Fasttage wurden deswegen auf Montag und Donnerstag festgesetzt, da sie "Tage des Wohlwollens" sind, weil an ihnen die Toravorlesung stattfindet. Zur Zeit unserer Weisen wurden ganz generell - wegen drei Dingen - Montag und Donnerstag als Fasttage festgelegt: Zerstörung des Tempels, das Verbrennen der Torarollen und die Entweihung des G"ttlichen Namens durch die Zerstörung Jerusalems und die Verbannung Israels.

Am Schabbat, der dem ersten dieser drei Fasttage vorausgeht, spricht man ein besonderes Gebet – Mi Scheberach – nach der Toravorlesung für alle diejenigen der Gemeinde, die das Fasten von "Bahab" freiwillig auf sich nehmen wollen. Jeder, der auf diesen Segensspruch 'Amen' sagt und beabsichtigt den Fasttag anzunehmen, dem wird es angerechnet, als ob er den Fasttag ausdrücklich auf sich genommen hat, denn jeder, der beschliesst, einen Fasttag zu begehen, muss ihn vor dem Beginn des Fasttages auf sich nehmen; spätestens beim Minchagebet des vorangehenden Tages.

Das Bittgebet für Regen

In Erez Jisrael wird in der neunten Beracha der Schemone Essre (Tefilat Amida), in "Barejch Alejnu", vom 7. Tag des Monats Cheschwan an, ein Bittgebet für Regen – "weTejn Tal uMatar Liwracha" (gebe bitte Tau und Regen zum Segen) – eingeschaltet.

Von Schemini Azeret bis zum siebten Cheschwan bitten wir noch nicht um Regen, wir erwähnen lediglich die Gewurot Geschamim – die Offenbarung von G"ttes Macht durch den Regen. Dies geschieht in der zweiten Beracha der Schemone Essre, in "Ata Gibor", indem wir G"tt loben und bestätigen, dass Er "Maschiw Haruach uMorid haGeschem - den Wind blasen und den Regen fallen lässt". Am siebten Cheschwan aber, "nachdem die letzten Wallfahrer den Euphrat schon erreicht hatten", beginnen wir auch für den Regen zu beten und zu flehen.

In der Diaspora, wo es keine Wasserprobleme gibt, beginnt man die Sche’elat Geschamim – das Bitten um Regen – 60 Tage nach dem Beginn der "Tischri-Periode". Die vier Jahreszeiten des jüdischen Jahres werden nach ihren ersten Monaten genannt: Die Tischri-Periode, die Tewet-Periode, die Nissan-Periode und die Tamus-Periode. Da wir unsere Tekufot – Jahreszeiten – nach dem Sonnenjahr festsetzen, hat Sche’elat Geschamim in der Diaspora keinen festgesetzten Tag im jüdischen Kalender, der ja nach dem Mond bestimmt wird. Er hat aber einen festen Tag im Sonnenkalender. Vor einem gewöhnlichen Jahr, in welchem der Februar 28 Tage hat, fällt dieser Tag auf den 5. Dezember. Vor einem Schaltjahr, in welchem der Februar 29 Tage hat, ist dieser Tag der 6. Dezember.

Wir bitten um Regen bis zum Morgen des 1. Tag von Pessach, sowohl in Erez Jisrael als auch in der Diaspora.

Obwohl es Länder gibt, in denen der Regen am Anfang des Winters eine ebenso wichtige Rolle spielt als in Israel, und obwohl es Länder gibt, in denen der Regen nach Pessach dringend erwünscht ist (wie z.B. Länder in der südlichen Hälfte der Welt), wird die Bitte um Regen nur an zwei Daten festgelegt, entweder am siebten Cheschwan, oder sechzig Tage nach der Tekufa. Beendet wird sie jedoch an einem einzigen Datum: Erster Tag Pessach.

Jedes Land und jede Stadt, die Regen ausserhalb dieser Zeit benötigen, können spezielle Fasttage einrichten, mit einer speziellen Gebetsordnung für den Regen. Doch müssen sie die feste Gebetsformel einhalten, die unsere Weisen für die Schemone Essre festgelegt haben.

Hat man vergessen "Weten Tal Umatar – und gib Tau und Regen" zu sagen, erinnert sich aber vor dem Anfang des zehnten Segensspruches (Teka beSchofar), kann man es noch dort sagen. Erinnert man sich aber erst nach dem Anfang des zehnten Segensspruches, wartet man, bis man zur sechzehnten Beracha kommt – Schema Kolejnu/Schomea Tefila (Höre unsere Stimme / Der das Gebet erhört) – und dann fügt man dort hinzu: "Und gib Tau und Regen zum Segen, denn Du erhörst das Gebet eines jeden Mundes (wetejn Tal uMatar Liwracha, ki Ata schome’a Tefilat kol Peh)." Erinnert man sich aber erst nach der sechzehnten Beracha, aber vor Beginn der siebzehnten (Rezeh), kann man es dort noch sagen. Hat man die siebzehnte Beracha schon begonnen, erinnert sich aber noch bevor man die drei Schritte rückwärts schreitet, am Ende des Gebets, geht man zum Anfang der neunten Beracha (Barejch alejnu) zurück, fügt dort "wetejn tal uMatar" hinzu und wiederholt den Rest der Schemone Essre. Erinnert man sich aber erst nach dem Rückwärtsschreiten, so muss man die ganze Schemone Essre noch einmal wiederholen.

Fällt der Regen zur rechten Zeit, sagt man folgenden Segensspruch: "Gesegnet seist Du, Ewiger, unser G"tt, König der Welt, Hatow Wehamejtiw - Der gut ist und Gutes übt." Heutzutage pflegen nicht alle diese Beracha zu sagen, denn nur einzelne spüren so recht die Wohltat des Regens und können diese Beracha aus vollem Herzen sagen.

Wer sich jedoch ernsthaft für die Notwendigkeiten der Allgemeinheit einsetzt, wird auch Lob und Dank für diese G"ttlichen Liebestat ausdrücken, denn der Regen gehört zu den grössten aller Liebestaten, die G"tt Seinen Geschöpfen erweist. Die "Grossen Israels", die Weisen der früheren Generationen, setzten einen Feiertag ein, als sie den Regen fallen sahen. Sie sagten diese Beracha – Hatow Wehamejtiw – mit grosser Freude im Herzen, und fügten noch andere Lob- und Dankesbezeugungen hinzu (Dewarim Raba 7 – Berejschit Raba 13).

Gewurot Geschamim

Wenn ein Mensch sehr hungrig ist, und es gibt ihm jemand eine Kleinigkeit, wie eine Feige oder eine Dattel, die, wenn auch nur für kurze Zeit für ihn Lebensrettung bedeutet, so wird er diese Wohltat dankbar anerkennen. Wird aber ein Mensch regelmässig unterstützt und versorgt, gewöhnt er sich so sehr daran, dass er die Wohltat vergisst und seiner Dankbarkeit keinen Ausdruck mehr verleiht. Dabei ist letzteres von unvergleichbar grösserer Bedeutung, kümmert sich doch der Wohltäter um den ständigen Unterhalt!

So steht es auch mit G"ttes Fürsorge für uns Menschen. Es gibt keinen grösseren Ausdruck des Chessed als den segensspendenden Regen zur rechten Zeit. Da schlafen die Leute ruhig in ihren Betten, während G"tt Seine Schatzkammern für sie öffnet, Tau und Regen für sie fallen lässt, damit die Felder bewässert werden und ihre lebensspendenden Produkte hervorbringen! Sollten wir Ihm dafür etwa keinen Dank aussprechen?

Diese immense Wohltat, so klein sie dem gewöhnlichen Menschen auch erscheinen möge, unsere Weisen erkannten darin G"ttes Grösse, die man nie vergessen darf (Aussprüche der Weisen – siehe folgenden Abschnitt):

Die geöffnete Schatzkammer

"Drei Schlüssel sind in G"ttes Hand, die Er keinem Boten anvertraut: Der Schlüssel des Regens, der Schlüssel der Geburten und der Schlüssel der Wiederbelebung der Toten" (Ta’anit 2).

"Der Regen ist grösser als die Wiederbelebung der Toten, denn die Wiederbelebung der Toten ist nur für den Menschen bestimmt, während der Regen Wohltat für Mensch und Tier bedeutet. Die Wiederbelebung der Toten ist für Jisrael, jedoch der Regen ist für Jisrael und alle Nationen der Erde" (Berejschit Rabba 13).

"Wer hat die Regenflut in Kanäle geleitet" (Ijow/Hiob 38/25), "Viele Tropfen gab ich in die Wolken, jeder Tropfen hat seinen Kanal/seine Form; würden zwei Tropfen aus dem gleichen Kanal kommen, würde die Erde überschwemmt und keine Früchte hervorbringen" (Baba Batra 16a).

"Regen bringt Segen für alles; für den Handel (Getreide und Früchte sind reichlich vorhanden); die Kaufleute haben Nutzen von ihm (Regen ist ihnen ein Zeichen des Erfolges); mit Ausschlag geplagte Kranke spüren Erleichterung beim Regen; sogar Edelsteine lassen beim Regen ihre Farbenpracht noch mehr erstrahlen; sogar Fische gedeihen besser im Regen (sie gewinnen an Gewicht)".

"Drei Dinge wiegen gleichviel: die Erde, der Mensch und der Regen: ohne Erde gibt es keinen Regen, ohne Regen gibt es keine Erde, ohne beide gibt es keinen Menschen" (Berejschit Rabba 13).

"Und Ich werde euren Regen zur rechten Zeit geben." Rabbi Jochanan sagte: "Drei Geschenke hat die Welt bekommen: die Tora, die Himmelsleuchten und den Regen zur rechten Zeit – während der Schabbatnächte (stört niemandem). In den Tagen des Schimon ben Schetach fiel der Regen (nur) in den Schabbatnächten, bis die Weizenkerne in Nierengrösse und Gerstenkörner in Olivenkerngrösse wuchsen; diese wurden für die nächsten Generationen aufbewahrt, um ihnen zu zeigen, welche Folgen Sünden hervorrufen" (Wajikra Rabba 35).

Fernerhin sagen unsere Weisen [Traktat Ta’anit 7a-8b]:

"Ein Tag, an dem Regen fällt, ist so gross wie der Tag, an dem die Tora gegeben wurde…"

"Ein Tag, an dem Regen fällt, ist so gross wie der Tag, an dem Himmel und Erde geschaffen wurden..." (ibid. 7b)

"Gross ist der Tag, an dem Regen fällt, denn an ihm ist die Rettung fruchtbar und gross..." (ibid.).

"Regen fällt nur an dem Tage, an dem Israels Sünden vergeben werden..." (ibid.).

"Gross ist der Tag, an dem Regen fällt, sogar die kleinste Münze in der Tasche wird an ihm gesegnet… (Raschi: Der Regen bringt Segen, sogar für Handwerker, die vom Regen nicht abhängig sind) " (ibid. 8b).

"Der Tag des Regens ist so gross wie der Tag, an dem die Verbannten wieder heimkehren (Kibbuz Galujot)" (ibid).

Womit kann man all dies vergleichen? Mit einem Vater, der seinen Söhnen Geschenke schickt. Sind es wenig Geschenke, schickt er sie durch einen Boten, und der Bote gibt ihnen nur genau das , was der Vater versprochen hat. Will er ihnen aber grosse Geschenke geben, schickt er sie nicht mit einem Boten, sondern gibt sie ihnen persönlich. Er ruft seine Söhne zu sich, öffnet seine Schatzkammer, um jedem einzelnen von ihnen das Geschenk zu überreichen. Wenn nun die Schatzkammer offen ist, und die Söhne all die Schätze sehen, die darin verborgen sind, verlangen die Klugen alles, was ihr Herz begehrt, und der Vater erfüllt ihre Wünsche; denn die Schatzkammer ist offen, und dieser Moment ist eine Zeit des Wohlwollens.

Genau so steht es mit G"ttes Güte, die Er Seinen Geschöpfen durch Engel zukommen lässt. Diese Engel erfüllen ihre Aufgabe, doch sie fügen nichts hinzu, geben aber auch nicht weniger. Das Geschenk des Regens vertraut jedoch G"tt Seinen Engeln nicht an. Sie könnten im Hinblick auf die Sünden Seiner Geschöpfe gnadenlos handeln und den Regen zurückhalten, und dies würde die Erde zur Öde werden lassen.

Deshalb befindet sich der Schlüssel des Regens in G"ttes Hand, und wenn Er Seiner Welt Regen schenkt, gibt Er ihn nur aus Seiner Schatzkammer. Er urteilt dabei nicht mit Strenge, oder belohnt nur im Hinblick auf Verdienste; Er gibt ihn freiwillig und liebevoll, denn Er ist allgütig. Wenn die Schatzkammer offen ist, dann ist dies die 'Sternstunde' für Jisrael, und dann sollten sie die Gelegenheit nützen, um sich alles zu erbitten, was ihr Herz begehrt. Wenn sie dann ihren Vater im Himmel darum bitten, dass Er die Tora in ihre Herzen geben möge, genau wie ihre Vorväter, die am Sinai standen, dann wird Er sicher ihren Wunsch erfüllen. Bitten sie um Rettung, Vergebung, Lebensunterhalt, Rückkehr der Verbannten oder Beendigung des Kriegszustandes in ihrer Mitte, dann ist es dies ein günstiger Moment und es besteht die beste Gelegenheit und Aussicht auf Erfüllung ihrer Wünsche. Denn alle Begehren ihrer Herzen befinden sich in dieser Schatzkammer, die G"tt ihnen zur Zeit der Regenfälle öffnet.

Die Tora liefert den Beweis dafür [Dewarim 28, 12]): " G"tt soll dir Seinen besten Schatz öffnen, den Himmel, den Regen deines Landes zur rechten Zeit zu geben…", und solltet ihr meinen, dass sich die beste Schatzkammer nur für das Geschenk des Regens öffnet, dann irrt ihr euch, denn "…und um alles Werk deiner Hand zu segnen", ist das Ziel.

Hieraus lernen wir, wie gross die Güte des Regens ist, und mit welch grosser Andacht man G"tt bitten soll: "Und gib bitte Tau und Regen zum Segen."

Treue führt zu Treue

Es steht geschrieben [Ijow/Hiob 41, 3]: "Wer ist mir zuvorgekommen – ich will es ihm belohnen, was unter dem Himmel ist, mir gehört es ja." Hat je ein Mensch eine Mizwa ausgeführt, bevor ihm G"tt die Kraft und die Möglichkeit gegeben hat, sie auszuführen? Um wieviel mehr noch kann man dies in Bezug auf den grossen Chessed des Regens anwenden, denn kein Geschöpf hat diesen je durch eine vorangehende Wohltat verdient!

Bevor der erste Mensch geschaffen wurde, steht geschrieben [Bereschit 2:6]: "Und eine Dunstwolke stieg von der Erde her empor und bewässerte die Oberfläche der Erde." Und erst dann [ibid. 2:7]: "Da schuf der Ewige, G"tt, den Menschen..." So ist klar ersichtlich, dass der Regen durch G"ttes Güte kommt, und nicht durch irgendwelche Verdienste des Menschen. Trotzdem sagen unsere Weisen, dass es ein Verdienst gibt, durch welches der Mensch imstande ist, die Gabe des Regens zu erhalten, und dies ist die Treue und Ehrlichkeit gegenüber seinen Mitmenschen.

So sagten die Lehrer (Ta’anit 8a): "Regen fällt nur dank der Männer der Treue", denn es steht in Tehillim/Psalm [85:12] "Die Wahrheit spriesst aus der Erde hervor…" - d.h. wenn Treue und Ehrlichkeit im Handel und Wandel auf der Erde herrschen - "und Wohlwollen schaut vom Himmel herab", d.h. durch den Regen, der eine Wohltat für die Erde ist.

Wieso ist gerade die Treue eine besondere Tugend, mehr noch als alle anderen guten Eigenschaften, durch die das Geschenk des Regens erworben werden kann? Weil G"tt gesagt hat: Solange die Treue unter den Menschen herrscht, solange man einen Gegenstand zur Aufbewahrung gibt ohne Zeugen dabei zu haben, und ohne dass der andere es leugnet; solange man einen Gegenstand findet, und ihn seinem Besitzer zurückerstattet, obwohl es niemand gesehen hatte, dass er ihn gefunden hat; solange man einen Gegenstand ohne Rechnung kauft oder verkauft, und nicht wortbrüchig wird; solange Masse und Gewichte echt sind und ehrlich gehandhabt werden; solange keiner seinen Mitmenschen irreführt – für eine solche Gesellschaft sagt G"tt: Sogar wenn sie kein anderes Verdienst haben als diesen, bin ich verpflichtet, ihnen Regen zu spenden. Ihre Mühe sei nicht umsonst; die Erde sei ihnen nicht untreu, da sie auch untereinander nicht untreu sind.

Wenn, G"tt behüte, keine Treue zwischen einem Menschen und seinem Nächsten besteht, wenn sie sich des Raubes an Armen schuldig machen, stehlen, üble Nachrede verbreiten oder hochmütig sind, dann schliessen sich auch die Tore des Himmels und er wird wie Kupfer, die Erde wie Eisen und bringt keinen Ertrag hervor.

Darum sagen die Weisen: "Durch die Schuld, Teruma (die Hebe) und Ma’asser (den Zehnten) vorzuenthalten, d.h. den Leviten und den Armen

nicht das zu geben, was ihnen zusteht, verschliesst sich der Himmel und gibt weder Tau noch Regen. Die Preise steigen, der Verdienst sinkt, und die Menschen mühen sich erfolglos ab, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen" (Traktat Schabbat 32).

"Es fällt kein Regen, nur wegen Menschen, die Böses über andere verbreiten." (Ta’anit 7).

"Es fällt kein Regen, nur weil die Menschen hochmütig sind". (ibid.)

"Es fällt kein Regen, nur wegen der Sünde des Diebstahls". (ibid.)

"Es fällt kein Regen, nur wegen denjenigen, die in der Öffentlichkeit Geld spenden, aber das Geld nicht überweisen, so wie es in Mischlej/Sprüche 25 heisst: "Weder Wolken noch Wind noch Regen gibt es, weil der Mensch mit Lügenworten prahlt" ((ibid. 8).

"Es fällt kein Regen, weil man sich nicht mit der Tora beschäftigt" (ibid. 7). Denn die Tora ist die "Verlobte" von uns, wie es heisst: [Dewarim 33:4] "Tora ziwa lanu Mosche, Morascha…", lese nicht "Morascha" (Erbe) sondern "Me’orassa" (Verlobung) [Talmud Traktat Pessachim 49b]. Wer kein Tora lernt, bricht die "Ehe" mit ihr und gleicht einem Mensch, der gegenüber der Frau seiner Jugend untreu geworden ist. Wer seine Treue gegenüber der Tora bricht, verursacht, dass auch der Himmel gegenüber ihm untreu ist.

Der Tod unserer Stammmutter Rachel

Am elften Cheschwan starb unsere Stammmutter Rachel und wurde auf dem Wege nach Bejt Lechem begraben.

Wir kennen den Ort ihres Begräbnisses, in der Nähe von Bejt Lechem, südlich von Jeruschalajim, durch Überlieferung.

Ein Gebäude aus Stein wurde über ihrem Grabe errichtet, und von jeher schon kamen Bewohner von Erez Jisrael, um dort ihr Herz im Gebet auszuschütten, und um ihrer Verdienste wegen zu flehen, sei es für die Gemeinschaft oder den Einzelnen. Doch vor allem besucht man ihr Grab am elften Cheschwan, dem Tag ihres Todes.

Unsere Mutter Rachel wurde nicht in der Höhle Machpela in Chewron begraben so wie die übrigen Stammmütter und Stammväter unseres Volkes. Sie wurde am Wegrand begraben, da wo sie starb, als sie mit Ja’akow aus Lawans Hause kam.

Warum begrub unser Vater Ja’akow seine Frau Rachel auf dem Wege nach Bejt Lechem? [Raschi Paraschat Wajechi 48:7 und Radak, Jirmejahu 31:14). Er sah nämlich in prophetischer Vision, dass die ins Exil Gehenden eines Tages hier vorbeikommen würden, und darum begrub er sie dort, damit Rachel um Erbarmen für sie flehen möge. Als Newusaradan sie in die Verbannung schickte, und sie an Rachels Grab vorbeikamen, erschien Rachel, um zu weinen und für sie um Erbarmen zu flehen, so wie es geschrieben steht [Jirmejahu 31:14]: "So spricht der Ewige, eine Stimme wird in der Höhe gehört, Wehgeschrei und bitteres Weinen, es ist Rachel, die wegen ihrer Kinder weint; sie weigert sich, Trost anzunehmen, ihrer Kinder wegen, denn sie sind nicht (mehr) da." Und G"tt antwortet [ibid. 31:15]: "So sprach der Ewige: Halte deine Stimme zurück vom Weinen, und deine Augen vor Tränen, denn es gibt einen Lohn für deine Mühe, spricht G"tt, die Kinder werden vom Land der Feinde zurückkehren".

Ein anderer Midrasch erzählt: Als die Stammväter und Stammmütter sich einsetzten, um G"tt wegen des Götzen, den König Menasche in das Heiligtum gestellt hatte, zu beschwichtigen, liess G"tt sich nicht umstimmen. Da trat Rachel ein, und sagte zu Ihm: "Herr der Welt, wessen Gnade ist grösser, Deine oder die Gnade eines Menschen aus Fleisch und Blut. Sicherlich ist Deine Gnade grösser. Habe ich nicht meine Rivalin – Lea – in mein Haus gebracht? Denn alle Arbeit, die Ja’akow für meinen Vater verrichtete, machte er um meinetwillen. Als ich unter die Chuppa (Trau-Baldachin) ging, um Ja’akow angetraut zu werden, brachte man meine Schwester an meiner Stelle. Nicht nur, dass ich schwieg, ich gab ihr sogar meine Zeichen (die ich mit Ja’akov verabredet hatte). Nun tue dies auch, obwohl Deine Kinder Deinen Feind in Dein Haus gebracht haben, schweige ihnen gegenüber!" Da sagte Er zu ihr: "Du hast sie gut verteidigt, es wird Lohn für deine Mühe und deine Frömmigkeit geben, weil du deiner Schwester die Zeichen gegeben hast" [Raschi und Redak Jirmijahu 31:14].

Seit der Zeit, da das Volk Israel in das erste Exil gehen musste, bis Jirmijahus Prophezeiung der Erlösung – "und deine Kinder werden wieder zu ihren Grenzen zurückkehren" – ist die Grabstätte unserer Mutter Rachel immer ein Haus des Gebetes für Israel gewesen, denn sie ist Mutter für ganz Israel und setzt sich immer für sie ein, um Gnade zu erbitten.

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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