Schewat/ Paraschat Beschalach

Die Fasttage der Gemeinde

(Gesammelt und bearbeitet von S. Weinmann)

Es ist ein Gebot der Propheten, an den Tagen, an denen unsern Vätern Leiden widerfahren sind, zu fasten. Der Zweck des Fastens ist, die Herzen zu erwecken, die Wege der Teschuwa (Rückkehr) einzuschlagen. Dadurch sollen wir uns an unsere bösen Handlungen erinnern und die Handlungen unserer Väter, die gleich den unsrigen heute waren, dass sie für sie und uns jene Leiden herbeiführten. Und indem wir dieser Dinge gedenken, sollen wir umkehren, um uns zu bessern, wie es heisst (Wajikra 26,40): „Und sie sollen ihre Schuld und die Schuld ihrer Väter bekennen.“ Deshalb ist jedermann verpflichtet, an diesen Tagen sich zu besinnen, seine Handlungen zu prüfen und von den bösen abzulassen. Denn die Hauptsache ist nicht das Fasten, wie es von den Einwohnern Ninweh’s heisst (Jona 3, 10): „G“tt sah ihre Taten“; wozu unsere Weisen bemerken (Talmud Ta’anit 16a): Es steht nicht, „G“tt sah ihre Fastgewänder und ihr Fasten“, sondern, „G“tt sah ihre Taten, dass sie von ihrem bösen Weg umgekehrt waren“. Das Fasten ist nur eine Vorbereitung für die Teschuwa (Rückkehr). Deshalb Menschen, die fasten aber den Tag mit unnützen Dingen verbringen, ergreifen nur die Nebensache und lassen die Hauptsache liegen. (Kizzur Schulchan Aruch 121,1)

Der Prophet Secharja (Zacharias) erwähnt diese Fasttage erstmals (8,19): " So spricht der Ewige, das Fasten im vierten Monat ( 17. Tamus) und das Fasten im fünften Monat (9. Aw) und das Fasten im siebten Monat (3. Tischrej) und das Fasten im zehnten Monat (10. Tewet)....."

Shiw'a Assar beTamus: Der Fasttag am 17. Tamus

Der Fasttag des 17. Tamus wurde von den Propheten - nach der Zerstörung des ersten Tempels - wegen fünf Tragödien angeordnet. An ihm fangen die "Drei Wochen" der Trauer über die Zerstörung des Tempels und des anschliessenden Exils an. Diese "Drei Wochen" enden am Tisch'a beAw - Fasttag des Neunten Aw.

Im Traktat Ta'anit (4,6) erklärt die Mischna, dass wir wegen fünf Tragödien fasten, die sich an diesem Tag ereigneten:

  1. 1. Mosche zerbrach die Bundestafeln;
  2. 2. Das Korban Tamid (das tägliche Opfer) wurde unterbrochen;
  3. 3. Die Stadtmauer von Jerusalem wurde durchbrochen;
  4. 4. Apostomos verbrannte die Torarolle;
  5. 5. Im Tempel wurde ein Götzenbild aufgestellt.
  1. 1. Mosche zerbricht die Bundestafeln

Der 17. Tamus wurde von unseren Weisen durch eine einfache Mathematikaufgabe eruiert: Der Talmud lehrt uns, dass die Zehn Gebote am 6. oder 7. Siwan 2448 (1312 v.d.Z.) von den Kindern Israels empfangen wurden und Mosche am 7. Tag des Monats Siwan auf den Berg Sinai stieg, um die Bundestafeln zu erhalten: "Am siebten Tag rief er Mosche mitten aus der Wolke heraus zu." (Schemot 24,16) Vierzig Tage und vierzig Nächte blieb Mosche auf dem Berg. Da der Monat Siwan 30 Tage lang ist, befand sich Moses 23.5 Tage des Monats Siwan und 16,5 Tage des Tamus am Sinai. Am 17. Tag des Monats Tamus stieg Mosche vom Berg herab und als er sein Volk um das Goldene Kalb tanzend vorfand, zerbrach er die Bundestafeln.

  1. 2. Die Unterbrechung des Korban Tamid

Die zweite Tragödie war die Unterbrechung des Korban Tamid - des täglichen Opfers im Tempel. Raschi (Ta'anit 26b) erklärt die Unterbrechung damit, dass das Opfer von der römischen Regierung verboten worden war.

Eine weitere Erklärung ist, dass das Korban Tamid zur Zeit der Belagerung von Jerusalem vor der Zerstörung des Tempels unterbrochen wurde. Dies beziehe sich auf die eineinhalbjährige Belagerung durch Newuchadnezar vor der Zerstörung des Ersten Tempels.

Eine dritte Erklärung ist: Als die Hasmonäerkönigin Alexandria (Salome Alexandra) im Jahr 3697 (63 v.d.Z.) starb, brach zwischen ihren beiden Söhnen Horkenos II. (Hyrkanos II.) und Aristoblus II. (Aristobulos II.) ein Bürgerkrieg aus. Einmal wurde Horkenos in Jerusalem durch Aristoblus belagert. Obwohl beide Seiten bereit waren, einander zu bekriegen, strebten beide nach Weiterführung der täglichen Opfer im Tempel. Die Belagerten liessen täglich von der Mauer eine Truhe mit Geld hinunter. Die Belagerer nahmen das Geld aus der Truhe und steckten zwei Lämmlein hinein. Diese wurden dann hochgezogen und im Tempel dargebracht. Ein hellenisierter Jude aus dem Lager des Aristoblus erklärte, es würde ihnen niemals gelingen, die Stadt zu erobern, solange die Verteidiger imstande seien, das Korban Tamid darzubringen. Am nächsten Tag wurde statt der Schafe ein Schwein hinaufgeschickt. Als das Schwein die Höhe der halben Mauer erreichte, drückte seine Klauen in die Mauer hinein und das ganze Land Israel erbebte (Talmud Baba Kama 82b). Das geschah am 17. Tamus. Von da an hörten die täglichen Opfer im Tempel auf. Der Krieg zwischen den beiden Brüdern führte zur Intervention Roms und zum Ende der jüdischen Unabhängigkeit.

  1. 3. Die Stadtmauer von Jerusalem wird durchbrochen

Diese Durchbrechung der Stadtmauer von Jerusalem führte zur Eroberung der Stadt und zur Zerstörung des Zweiten Tempels. Im Propheten Jirmijahu (52, 6-7) steht, dass die Mauer beim Ersten Tempel durch die Babylonier bereits am 9. Tamus durchbrochen wurde. Wir fasten jedoch am 17. Tamus, an dem Tag, da die Mauer beim zweiten Tempel durch die Römer durchbrochen wurde, da die Zerstörung des Zweiten Tempels für uns Juden die weitaus größere Katastrophe darstellt (Talmud Ta'anit 28b).

Der Talmud Jeruschalmi (Ta’anit 4,5) erklärt jedoch, dass die Mauer auch beim ersten Tempel erst am 17. Tamus durchbrochen wurde. Jedoch waren die Leiden und Verwirrung durch die lange Belagerung Jerusalems so gross, dass sie sich in der Berechnung des Kalenders irrten und glaubten, es sei der 9. Tamus. Obwohl G“tt und der Prophet Jirmijahu die wahre Berechnung kannten, liess G“tt den Propheten das falsche Datum niederschreiben um das grosse Leid und die grosse Verwirrung unter der belagerten Bevölkerung in Jerusalem vor der Zerstörung zum Ausdruck zu bringen.

  1. 4. Die Verbrennung der Torarolle durch Apostomos

Dieses Ereignis, auf die sich die Mischna bezieht, ist unbekannt. Sie wird im Talmud (Ta'anit 28b) mit dem Wort "Überlieferung" erklärt, was bedeutet, das wir nur durch die Überlieferung wissen, dass so etwas am 17. Tamus geschah. Der Tifereth Jisrael (Ta'anit 4.6) ist der Meinung, dass dieser griechische Offizier namens Apostomos, der zur Zeit des Zweiten Tempels lebte, die Torarolle Esras, die im Tempel als Muster für alle Schreibers diente, verbrannte. Eine weitere Erklärung bringt er, dass dieser Bösewicht im ganzen Land Torah-Rollen suchen liess, sie einsammelte und am 17. Tamus verbrannte.

  1. 5. Aufstellung eines Götzenbildes im Tempel

Dass ein solches Götzenbild im Tempel am 17. Tamus aufgestellt wurde, wissen wir aus dem Buch Daniel: (12,11) "Von der Zeit, wo das tägliche Opfer abgeschafft und der Gräuel der Verwüstung aufgestellt wurde ..."

Daniel erwähnt jedoch nicht, wer dieses Götzenbild aufstellte. Der Talmud Jeruschalmi (Ta’anit 4,5) bringt zwei Meinungen: Manche sagen, es sei Apostomos gewesen, andere sprechen über Menasche, einem bösen jüdischen König zurzeit des Ersten Tempels.

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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