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Raw Frand zu Parschat Nizawim-Wajelech 5773

Der Unterschied zwischen den beiden Zurechtweisungen

Es gibt zwei Wochenabschnitte in der Thora, die die Tochechot (Worte der Zurechtweisung, Züchtigung) beinhalten. Es gibt die Tochecha am Ende des Buches Wajikra, im Wochenabschnitt Bechukotaj, und es gibt die Tochecha, die wir letzte Woche in Parschat Ki Tawo gelesen haben. Dabei existiert ein krasser Gegensatz zwischen den beiden Passagen der Züchtigung, denn die Tochecha am Ende von Parschat Bechukotaj endet mit Worten des Trostes.

Nachdem das jüdische Volk all die furchtbaren Plagen gehört hat, die es befallen würden, wenn sie die Gebote übertreten, erhalten sie zum Schluss von Parschat Bechukotaj eine Botschaft des Trostes: "Und dennoch! – auch wenn sie im Lande ihrer Feinde sind, werde ich sie weder verschmähen, noch verabscheuen, dass ich sie völlig aufriebe und meinen Bund mit ihnen bräche; denn ich bin der Ewige, ihr G-tt. Ich werde ihnen des Bundes mit den Vorfahren gedenken, die ich vor den Augen der Völker aus dem Lande Ägypten geführt habe, um ihr G-tt zu sein; ich bin der Ewige." [Wajikra 26:44-45]

Die doppelt so langen und furchterregenderen Worte der Züchtigung, die wir in Parschat Ki Tawo lesen, enden nicht mit einem positiven Schlussakkord. Die Thora endet lediglich mit einer etwa gleichlautenden Zugabe: "Und der Ewige wird dich auf Schiffen nach Ägypten zurückbringen, auf dem Wege, von dem ich dir gesagt, du sollst ihn nicht wiedersehen; und ihr werdet euch dort den Feinden als Sklaven und Sklavinnen zum Verkauf anbieten - und niemand wird kaufen." [Dewarim 28:68]

Raw Josche Bär Soloweitschik, s.A., fragt: Weshalb der Unterschied? Raw Josche Bär antwortet, dass die Tochecha in Ki Tawo eigentlich auch mit Trost endet - nur dass der Trost erst in Parschat Nizawim (rund 30 Verse später) erscheint: "Und es wird geschehen, wenn über dich kommen all diese Dinge, der Segen und der Fluch, den ich dir vorgelegt, und du es dir zu Herzen nimmst unter all den Völkern, wohin der Ewige, dein G-tt, dich verstossen; dass du zurückkehrest zu dem Ewigen, deinem G-tt, und seiner Stimme gehorchest, ganz so, wie ich es dir heute gebiete, du und deine Kinder, mit deinem ganzen Herzen und deiner ganzen Seele; so wird der Ewige, dein G-tt, deine Verbannten zurückführen…" [Dewarim 30:1-3]. Der Trost besteht darin, dass zum Ende aller Bestrafung und allen Leides, das jüdische Volk Teschuwa (Umkehr) tun und zu G-tt zurückkehren wird.

Doch die Frage kann trotzdem gestellt werden: Warum ist in der Tochecha in Dewarim eine Pause, wo wir sozusagen auf den Trost "warten" müssen, während in der Tochecha in Bechukotai der Trost sofort kommt? Raw Soloweitschik erklärt diesen Gegensatz so, dass es einen fundamentalen Unterschied zwischen den beiden Tochechot gibt. Der Ramban (Nachmanides) sagt in Parschat Bechukotaj, dass die Tochecha in Bechukotaj eine Vorhersage in Bezug auf die Zerstörung des Ersten Tempels darstellt - sowie auf das Exil aus dem Lande Israel zu jener Zeit. Die Tochecha in Ki Tawo hingegen stellt eine Vorhersage bezüglich der Zerstörung des Zweiten Tempels dar - sowie dem gleichfalls damit einhergehenden Exil aus dem Lande Israel zu eben dieser Zeit. Die Zerstörung des Ersten Tempels und das Babylonische Exil, das folgte, hatte ein prophezeites Ende, das zeitlich eingegrenzt war. Die Propheten sagten voraus, das Volk würde siebzig Jahre im Exil bleiben - und tatsächlich erhielten die Juden nach einem Zeitraum von siebzig Jahren die Erlaubnis, in das Land Israel zurückzukehren und den Tempel wiederaufzubauen. Aus diesem Grund macht es Sinn, dass die Tochecha, die das Babylonische Exil vorhersagt, unmittelbar nach den Versen der Züchtigung den Trost beinhaltet.

Wie wir nun einmal wissen, ist uns kein spezifisches Datum der Erlösung aus der Zerstörung des Zweiten Tempels bekannt. Inzwischen befinden wir uns schon fast 2000 Jahre in diesem Exil! Doch auch dieses Exil wird ein Ende haben. Wie der Rambam (Maimonides) in Hilchot Teschuwa (Regeln zur Rückkehr) [7:5] schreibt: "[Das Volk] Israel wird nur infolge seiner Teschuwa (Rückkehr) erlöst werden. Die Thora hat bereits versprochen, dass die Juden schlussendlich am Ende ihres Exils [zu G-tt] umkehren werden - und gleich danach werden sie erlöst, wie es heisst …" - und der Rambam zitiert dann den Vers im aktuellen Wochenabschnitt, wie eingangs erwähnt: "… Und es wird geschehen, wenn über dich kommen all diese Dinge, der Segen und der Fluch… und du zurückkehrest zu dem Ewigen, deinem G-tt, und seiner Stimme gehorchest… so wird der Ewige, dein G-tt, deine Verbannten zurückführen…."

Wann wird das geschehen? Wir wissen es nicht, doch es wird kommen. Dies ist genau der Grund, weshalb der Trost hier nicht unmittelbar auf die Tochecha in Ki Tawo folgt, sondern erst in Nizawim. Wir haben zu warten. Wir müssen warten, bis wir alle zum Allmächtigen, unserem G-tt, zurückkehren. Wir werden im selben Schlamassel bleiben, in dem wir uns befinden, bis wir Teschuwa machen (Umkehr tun).

Dies ist der Unterschied zwischen den beiden Tochechot. Bei der ersten mussten wir nur eine (relativ) kurze Zeit warten. Als der Exil-Kalender "70" anzeigte, konnten wir nach Hause gehen. Das gegenwärtige Exil ist nicht so. Zum Schluss werden wir aber rauskommen, denn "am Ende wird Israel [zu G-tt] umkehren und gleich danach werden sie erlöst werden" - doch wir wissen nicht, wann das eintreten wird.

Im letzten Mai habe ich eine E-Mail erhalten, in der mir jemand eine wahre Geschichte erzählte. Ich habe sie für diesen Wochenabschnitt aufbewahrt.

Raw Israel David Grossman, der Rabbiner von Kiryat Migdal Ha'Emek im Norden Israels, erhielt Besuch von einem Herren namens Moti Dotan - dem Regionalratsvorsitzenden des Niederen Galiläa. Moti Dotan war in Deutschland gewesen, um das Partnerschaftsabkommen mit der Stadt Hannover zu feiern. Als er dort war, wurde er von einem Deutschen angesprochen, der die folgende Geschichte erzählte:

Der Deutsche hatte einen Vater, der schon recht alt war. An seinem Sterbebett beichtete er ihm seine Rolle im Holocaust. Er erklärte, dass es viele Holocaust-Leugner gäbe und er aus diesem Grund seinen Sohn wissen lassen wollte, dass es wahr sei - und ihm auch ein wenig davon berichten wollte. Der Vater erzählte dem Sohn, dass er während des Zweiten Weltkriegs Offizier der Deutschen Luftwaffe gewesen war - und überreichte ihm einen Umschlag, der eine Brieftasche aus Pergament enthielt. In dieser Brieftasche lag ein Zertifikat - der Armeeausweis eines Offiziers. Der Vater erklärte, dass er - während der Zerstörung einer Synagoge - eine Rolle aus Pergament gefunden hatte. Er schnitt ein Stück des Pergaments aus dieser Thorarolle aus, um daraus diese Brieftasche herzustellen. Später fand er heraus, dass solche Rollen den Juden sehr heilig sind. Er bat den Sohn, es dem ersten Juden zu geben, den er treffen werde - und es nach Israel bringen zu lassen, um die Bedeutung der jeweiligen Worte zu bestimmen, die auf dem Pergament geschrieben standen.

Moti Dotan nahm die Brieftasche und brachte sie nach Migdal Ha'Emek, wo er sie Raw Israel Grossman zeigte. Als Rabbi Grossman dieses Pergamentstück der Thora anschaute, aus dem eine Brieftasche hergestellt worden war, war er geradezu erschlagen! Die Verse auf dem Pergament waren aus Parschat Ki Tawo [Dewarim 28:58-62]: "Wenn du nicht sorgfältig alle Worte dieser Lehre, die in diesem Buche geschrieben stehen, beobachten wirst, auszuüben; wenn du nicht diesen glorreichen und furchtbaren Namen fürchten wirst, den Ewigen, deinen G-tt - dann wird der Ewige über dich und deinen Nachkommen ausserordentliche Plagen bringen, grosse und hartnäckige Plagen, böse und andauernde Krankheiten. Er wird über dich all das Siechtum Ägyptens zurückbringen, vor denen dir graute, und sie werden dir anhaften. Auch jegliche Krankheit und jegliches Leiden, das in das Buch dieser Lehre nicht niedergeschrieben ist, wird der Ewige auf dich heraufbringen, bis du vertilgt bist. Und es wird nur eine kleine Zahl von euch übrig bleiben, statt dass ihr wie die Sterne des Himmels an Menge gewesen seid, weil du nicht auf die Stimme des Ewigen, deines G-ttes, gehört hast."

Von allen Abschnitten, die man aus der Thorarolle hätte herausschneiden können, war diese Brieftasche aus den Versen der Tochecha gemacht! Als Raw Grossman das sah, erinnerte er sich an einen ähnlichen Vorfall aus dem Tenach - der Geschichte im Zweiten Buch der Könige [Kapitel 22] über den jungen König Joschijahu. Dieser war ein rechtschaffener König, doch sein Vater und Grossvater hatten alles getan, was sie konnten, um die Thora aus der Erinnerung des jüdischen Volkes auszulöschen.

Als Joschijahu König wurde, versuchte er, den Tempel zu renovieren und die Ausübung traditioneller Rituale im jüdischen Volk wiederherzustellen. Als sie den baufälligen Tempel betraten, fanden sie eine Thorarolle, die auf einem Dachboden versteckt war, damit sie der böse König Achas nicht verbrennen konnte, wie er es mit anderen Thorarollen getan hatte.

Der Schreiber des Königs, Schafan ben Azaljahu, las Joschijahu die Verse vor, die genau an der Stelle zu lesen waren, an dem die Thora zusammengerollt war, als sie viele Jahre zuvor versteckt worden war. Als der König diese Worte hörte, weinte er und zerriss vor Trauer seine Kleider. Die Kommentatoren fragen, was er gehört hatte, das ihn zu solch einer Reaktion veranlasste. Die Antwort lautet: Er hörte den Vers aus der Tochecha in Dewarim: "Der Ewige wird führen dich und deinen König, den du über dich setzen wirst, zu einem Volke, das weder du noch deine Väter gekannt, und dort wirst du fremden Göttern aus Holz und Stein dienen." [Dewarim 28:36]. Joschijahu erkannte darin ein g-ttliches Omen, dass von allen Stellen, an denen eine Thorarolle geöffnet werden kann, ausgerechnet dies der erste Vers war, der ihm vorgelesen wurde. In der Folgezeit initiierte er eine massenhafte Teschuwa-Bewegung, um das Volk zu Haschem zurückzubringen. Joschijahu wurde vom Propheten versprochen, dass er - aufgrund seines Weinens und seiner Busse - das schreckliche Schicksal, dass letzten Endes das jüdische Volk ereilen würde, nicht persönlich (zu Lebzeiten) bezeugen werde.

Rabbi Grossman ist überzeugt, dass diese beiden Vorfälle nicht einfach nur Zufälle sind. Er sieht solche "Zufälle" als klare Aufrufe des Himmels, Teschuwa zu machen.

Wir sehen viele Ereignisse, die um uns herum passieren und uns zur Schlussfolgerung gelangen lassen, dass uns nichts retten kann, ausser dem Versprechen der endgültigen Erlösung durch die Prophezeiung, in der Zukunft werde das jüdische Volk [zu G-tt] umkehren. Nur der Schöpfer des Universums kann uns vor dem Chaos erretten, in dem wir uns befinden. Unsere einzige Hoffnung lautet: "Ihr werdet umkehren zu Haschem, Eurem G-tt."

 

Rav Frand, Copyright © 2013 by Rav Frand und Project Genesis, Inc und Verein Lema'an Achai / Jüfo-Zentrum.

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