Schewat/ Paraschat Beschalach

Raw Frand zu Parschat Ki Tawo 5771

Der Sforno erklärt das "Verzehntungs-Bekenntnis"

Am Beginn von Parschat Ki Tawo spricht die Tora von Widuj Ma'assrot, dem Verzehntungs-Bekenntnis. Nach der Vollendung des dreijährigen Ma'asser-Zyklus muss der Bauer ein "Bekenntnis" sprechen und bestätigen, dass er alle landwirtschaftlichen Abgaben wie vorgeschrieben geleistet hat. Der Bauer muss sagen: "Ich habe das Geheiligte aus dem Hause geschafft und habe es auch dem Leviten und dem Fremdling, der Waise und der Witwe ganz nach dem Gebot, das Du mir erteilt hast, gegeben; ich habe keines Deiner Gebote übertreten und keines vergessen." [Devarim 26:13]

Diese Deklamation heisst Widuj Ma‘assrot. Diese Deklamation tönt, wenn wir die Worte genauer ansehen, überhaupt nicht wie ein Bekenntnis. Wir wissen alle, was Widuj (Bekenntnis) bedeutet. Wir sagen bei vielen Gelegenheiten Widuj - insbesondere in der Zeit der Jamim Nora’im (Hohe / Ehrfurchtsvolle Tage): "Wir haben gesündigt; wir handelten listig; wir haben gestohlen; usw." Wir bekennen jede Sünde und auf welche Weise wir sie begangen haben. So sollte ein "Widuj" tönen! Die Aussage "ich habe alles getan, wie Du mir befohlen hast" tönt absolut nicht wie ein Bekenntnis!

Der Sforno erläutert in seinem eigenen, tiefgründigen Stil, wieso dies eben doch ein Bekenntnis ist. Der Sforno erklärt, dass diese Zeremonie "Widuj" genannt wird, weil über dem ganzen Ritual eine Sünde schwebt. Wir bezeugen, dass wir das Haus geräumt haben: "Ich habe alles Geheiligte aus meinem Haus entfernt." Warum benötigt es diese Hausräumung? Wer sollte die Gaben eigentlich erhalten? Die Antwort lautet: Der erstgeborene Sohn (der "Bechor") sollte eigentlich das Recht auf diese Gaben haben. Im Idealzustand brauchte es keine Hausräumung. Die Erstgeborenen wären mit dem G‘ttesdienst betraut. "Priester" wären nicht Aharon‘s Nachkommen, sondern die Erstgeborenen.

Wegen der Sünde des Goldenen Kalbes änderte sich alles. Jetzt haben wir keinen "Priester" mehr im Haus. Jedes Mal, wenn wir erwähnen, dass wir diese heiligen Gaben aus unserem Haus wegschaffen und einem Aussenstehenden übergeben, erinnern wir an diese Sünde. Im Grunde erwähnen wir die Fehltritte unserer Vorfahren.

Mit diesem Konzept beleuchtet der Sforno zusätzlich noch eine andere Schwierigkeit. Das Widuj Ma‘assrot schliesst mit dem Vers: („Haschkifa miMe’on Kodschecha…“) „Schaue von Deiner heiligen Stätte, vom Himmel herab und segne Dein Volk Israel und den Boden ..." [26:15]. Das Wort "Haschkifa" macht stutzig. Unsere Weisen sagen (wie Raschi in Bereschit 18:16 erwähnt), dass das Wort "Haschkifa" immer im Zusammenhang mit Schauen mit einem "bösen Auge" und mit „Midat Hadin“ (Strenge), wie in Bereschit 18:16 und Schemot 14:24, gebraucht wird. Müssen wir uns nicht sorgen, dass wir das Strafgericht G’ttes auf uns ziehen, wenn wir diesen Ausdruck in unserem Gebet erwähnen?

Unsere Weisen betonen, dass Wohltätigkeit das wichtigste Gegenmittel gegen ein strenges Urteil ist. Wenn wir alle Abgaben und Geschenke richtig verteilt haben, vertrauen wir darauf, dass wir damit vor einer strengen Anwendung des Urteils geschützt sind. Damit ist jedoch die grundlegende Frage, wieso wir den Ausdruck „Haschkifa“ überhaupt benutzen, noch nicht gelöst.

Der Sforno gibt uns eine Antwort: Wir benützen diesen Ausdruck, weil wir keine andere Wahl haben. Die Sünde des goldenen Kalbes ist eine Tatsache. Der Kern der Zeremonie ist, dass wir die Pflicht haben zu bekennen, dass wir die heiligen Gaben aus unseren Häusern entfernen müssen. Deshalb schaut G’tt auf uns mit „Midat Hadin“ hinunter. In Wahrheit erinnert diese Zeremonie an unsere unglückliche Vergangenheit mit dem Goldenen Kalb. Das können wir nicht einfach unter den Teppich kehren.

Wir anerkennen, dass G’tt auf uns ungünstig hinunterschaut und dass Wohltätigkeit, das Einzige ist, was uns beschützt.


Quellen und Persönlichkeiten:
Rav Ovadia ben Ja’akov Sforno (1470 – 1550); Rom und Bologna, Italien; klassischer Chumascherklärer.



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