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Raw Frand zu Parschat Schoftim 5765 (Beitrag 2)

Wenn es um ein jüdisches Leben geht, gibt es keine zwei Massstäbe

Vergangenen Sommer stiess ich auf ein Buch namens „Torat Chajim“ mit Begebenheiten und Geschichten aus dem Leben von Rav Chajim Soloveitschik. Darin fand ich folgende dramatische Geschichte.

In Brisk gab es im Jahre 1905, in dem Rav Chajim dort als Rabbiner amtete, einen jüdischen Bundisten. In dieser Zeiten schwirrten eine Vielzahl von Philosophien und Bewegungen herum. Bundismus war eine von ihnen. Dieser junge Mann war ein G’ttesleugner, der alles ablehnte, was nur nach Judentum roch. Wenn es sich traf, dass er Rav Chajims Weg am Schabbat kreuzte, machte es ihm besondere Freude, gerade dann eine Zigarette anzuzünden.

Dieser Kerl war auch ein Anarchist. Er nahm ein Bild von Zar Nikolas und schoss eine Kugel hindurch. Dem zaristischen Russland war die Meinungsfreiheit fremd. Der junge Mann wurde verhaftet, vor den lokalen Gouverneur gebracht und für Anarchie und Landesverrat zum Tod verurteilt. Die Verhaftung geschah kurz vor Rosch Haschana und die Exekution war für Erev Sukot, rund zwei Wochen später vorgesehen.

Der Gebietsgouverneur liess die Juden wissen, dass er die Anklage gegen den Anarchisten fallen lassen würde, wenn die Juden ein Lösegeld von 5'000 Rubeln zusammenbrächten.

Rav Chajim versammelte die Menschen von Brisk und sagte ihnen, dass sie verpflichtet seien, das Geld für die Rettung dieses jungen jüdischen Mannes zusammenzubringen. Die Gemeindemitglieder waren verblüfft. Sie sagten ihrem Rabbi, dass in der Torah in Parschat Schoftim genau das Gegenteil von dem, was er von ihnen verlange, geschrieben steht. Sie zitierten ihm den Pasuk: „Und du sollst das Böse aus deiner Mitte wegschaffen.“ [Devarim 17:7] Welche grössere Erfüllung gibt es für dieses biblische Gebot als diesen Bundisten umbringen zu lassen?

Rav Chajim entgegnete ihnen, dass sie diesen Pasuk falsch verstanden. Der Kontext dieses Pasuks ist entscheidend. Unmittelbar vorher lesen wir: „Auf die Aussage von zwei oder drei Zeugen hin soll der des Todes Schuldige getötet werden; er darf nicht auf die Aussage eines einzelnen Zeugen hin getötet werden.“ [17:6] Die Torah verlangt ein Gerichtsverfahren. Zeugenaussagen sind notwendig. Es braucht eine Beratung und einen Entscheid eines jüdischen Gerichtshofes. Erst danach haben wir die Pflicht, das Übel aus unserer Mitte auszulöschen.

Es ist eine falsche Auslegung der Torah-Gesetze, wenn man die Worte „vernichte das Übel aus unserer Mitte“ dazu benützt, um jeden unliebsamen Charakter in der Stadt loszuwerden. Er bestand darauf, dass die Gemeinschaft das Geld aufbringt, um den jungen Mann freizubekommen.

Das geschah kurz vor Rosch Haschana. Die Gemeinde sammelte kein Geld. Es wurde Erev (Vortag) Jom Kipur. Gemäss allgemeinem Brauch betet die Gemeinde früh Mincha (Nachmittagsgebet) und begibt sich dann nach Hause für die Mahlzeit vor dem Fasttag (Se’uda Hamafseket).

Nach Mincha an Erev Jom Kipur gab Rav Chajim bekannt, dass er dem Gabbaj (Synagogendiener) den Auftrag gegeben habe, Schul (die Synagoge) erst dann aufzusperren, wenn das volle Lösegeld zusammen sei. Zudem werde ganz Jom Kipur niemand nach Schul eingelassen bis das Geld vorhanden sei. Die Rettung jüdischen Lebens, auch das eines Bundisten, sei so wichtig, entschied Rav Chajim, dass deswegen sogar die Gesetze von Jom Kipur übertreten werden dürfen.

Die Gemeinde hatte keine Wahl. Sie gingen und sammelten das Geld, brachten es zum Gouverneur und befreiten den Verurteilten eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang vor Jom Kipur. Rav Chajim und alle anderen, die an dieser Aktion mithalfen, hatten in diesem Jahr keine Zeit, um ihre Se’uda Hamafseket zu sich zu nehmen. Sie gingen vom Büro des Gouverneurs direkt zu Kol Nidre.

Dies ist eine bedeutsame Geschichte. Sie lehrt uns die Wichtigkeit jedes einzelnen jüdischen Lebens. Ob jemand ein Bundist oder ein Kommunist ist, ob er orthodox, konservativ oder liberal ist: Ein Jude ist ein Jude. Die Brisker Dynastie ist für ihren Eifer („Kana’ut“) für die Torah bekannt. Ihren grössten Eifer zeigte sie jedoch für die rabbinische Lehre, dass „wer immer ein einzelnes jüdisches Leben rettet, dem wird es angerechnet, als ob er die ganze Welt gerettet habe.“ [Bava Batra 11a]


Quellen und Persönlichkeiten:
Rav Chajim Soloveitschik (1853 – 1918): Rabbiner in Voloschin, Brisk (Brest-Litovsk), Litauen.



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