Schewat/ Paraschat Beschalach

Raw Frand zu Parschat Chukat 5772

Spekulationen über die Gründe für die Mizwa von Parah Adumah

In der Parscha dieser Woche haben wir das essentielle "Chok", das Gesetz der roten Kuh, der Grund dessen unser Verständnis übersteigt. Der  weise König Schlomo (Salomon) sagte über dieses Gesetz "…amarti echkema wehi rechoka mimeni - ich habe gedacht dass ich es mit Weisheit begreifen würde (nach gründlicher Analyse); es blieb aber ferne von mir (das tiefere Verständnis blieb aber weit weg von mir)". [Kohelet 7:23]

Es ist die Art und Weise des Sefer HaChinuch (dies ist einer der Ziele dieses Werkes) die Gründe hinter jedem der 613 Mizwot zu erklären. In der Parscha dieser Woche als er das Gesetz von Parah Adumah erklärt, schreibt er, "Ich fürchte mich, meinen Mund darüber überhaupt zu öffnen, selbst mit der einfachen Bedeutung... sogar König Schlomo erkannte, dass dies weit entfernt…" Nachdem König Schlomo zum Schluss kam, dass es über sein Verständnis ging, so hatte auch der Autor des Sefer HaChinuch das Gefühl, dass er kein Recht hat eine Erklärung zu offerieren.

Raw Jakow Kaminetzky erwähnt einen sehr interessanten Punkt. Es ist uns ganz klar, auch wenn wir versuchen einen Grund für ein Gebot zu finden, dass wir nicht den wahren Grund kennen. Eine Erklärung zu einem Gebot hat absolut keine Auswirkung auf den Entscheid einer Halacha (eines Gesetzes).

Mit anderen Worten, falls wir sagen der Grund für eine gewisse Mizwa ist so und so, so würden wir in keiner Weise und in keiner Form die Ausführung der Mizwa ändern, wie auch immer die Umstände wären. Es gilt die Regel, dass wenn die Torah uns befiehlt eine Mizwa auszuführen, so tun wir dies, wie auch immer der Grund sein mag.

Dies ist der Punkt in der Diskussion im Talmud [Sanhedrin 21a], sagt Raw Kaminetzky, ob wir versuchen den Grund hinter einer Mizwa zu finden (darschinan ta'ama diKra) oder nicht. Rabbi Schim’on ist der Meinung, dass wir über den Grund einer Mizwa nachdenken (in der Definition) und die Chachamim (übrigen Weisen) sind der Meinung, dass wir nicht über den Grund einer Mizwa nachsinnen. Die Regel wird in dieser Diskussion nach der Meinung der Chachamim bestimmt.

Die Chachamim sind damit einverstanden, dass es erlaubt und sogar vorteilhaft ist zu versuchen die Theorie hinter verschiedenen Geboten zu verstehen; die ganze Diskussion zwischen ihnen ist nur, ob aus diesen Gründen Schlüsse gezogen werden dürfen.

Zum Beispiel sagt uns die Torah: „ …und du sollst nicht pfänden das Gewand einer Witwe“. [Dewarim 24:17]. Das heisst wir dürfen kein Kleid als Pfand für einen Kredit von einer Witwe nehmen. Rabbi Schim’on argumentiert dass der Grund hierfür ist, wir gehen davon aus, dass die Witwe arm ist und deshalb dieses Gewand dringend benötigt. Da er vom Standpunkt "darschinan ta'ama diKra" ausgeht, bestimmt er, dass diese Regel im Falle einer reichen Witwe nicht geltet.

Wir entscheiden aber nach der Meinung der Chachamim, dass obwohl wir über den Grund einer Mizwa spekulieren dürfen, so werden wir nie die Praktik der Mizwa durch die Benutzung des Grundes ändern.

Folge dessen kann Raw Kaminetzky nicht verstehen, warum das Sefer HaChinuch nicht ein Grund für die Erklärung der Parah Adumah geben möchte. Warum nicht über den Grund spekulieren? Praktisch würde sich ja nichts ändern, trotz der Erklärung. Was würde der Verfasser des Sefer HaChinuch verlieren, wenn er versuchen würde uns einen Einblick in den Grund für diese Mizwa zu geben?

Hypothesen über den Grund würden den Zweck der Mizwa von Para Adumah unterminieren

Die Antwort von Raw Kaminetzky: Spekulationen über das Motiv, würden die Mizwah der Parah Adumah untergraben, es würde den ganzen Zweck des Gesetzes der Parah Adumah vernichten. Der ganze Zweck dieser Mizwa ist es uns zu lehren dass wir die Mizwot halten müssen, obwohl wir sie nicht immer verstehen. Letztlich sind alle Mizwot "Chukim".

Wenn es zur Ausführung der Gebote kommt, so halten wir die Mizwot nur aus einem einzigen Grund: Weil Haschem es uns befohlen hat. Ob wir sie verstehen oder nicht, ob wir denken, dass sie Sinn machen oder nicht, es macht keinen Unterschied. Die Mizwa von Parah Adumah ist ein Modell (das Binjan Aw) - der klassische Fall, der uns über alle andere Mizwot Bescheid gibt.

Obwohl dieses Gebot keinen Sinn für uns macht, da es so viele Paradoxe in diesem Gesetz gibt (wie z.B. sie macht die Unreinen rein und die Reinen unrein), dies allein ist der ganze Punkt der Mizwa -- uns zu lehren, dass wir die Gebote halten müssen, ohne wenn und aber.

Vielen Torah Kommentatoren fällt der Ausdruck gleich am Anfang unserer Parscha auf: "Dies ist das Gesetz der Torah…" (Sot Chukat HaTorah). Sie fragen, würde es nicht passender sein mit "Dies ist das Gesetz der Unreinheit" (Sot Chukat HaTum’ah), "Dies ist das Gesetz der Reinheit" (Sot Chukat HaTahara) oder „Dies ist das Gesetz der Roten Kuh“ (Sot Chukat HaParah) den Wochenabschnitt zu beginnen? Warum das sehr allgemeine "Sot Chukat HaTorah?"

Die Antwort ist, das ist eben genau der Punkt. Wir haben es hier mit der Betrachtungsweise der fundamentalen Natur aller Gesetze der Torah zu tun. Wir müssen bereit sein alle Mizwot zu tun, einfach nur weil Haschem es uns befiehlt, obwohl wir es vielleicht nicht verstehen.

Aus diesem Grund sagt Rabbi Jakow, dass es für den Verfasser des Sefer HaChinuch bedeutete, das ganze Ziel und den ganzen Zweck der Mizwa zu zerstören, falls er eine Erklärung zum Grund der Parah Adumah abgeben würde.

Rav Josef Schaul Natanson hat betreffend der Bestimmung unserer Chachamim bezüglich des Passuks von Kohelet, das sich auf Para Adumah bezieht. eine andere Interpretation als alle anderen Kommentatoren. Alle Kommentare erklären den Ausdruck "wehi rechoka mimeni" (es blieb aber ferne von mir) das Wort "wehi" (und es) bezieht sich auf die Parah Adumah. Der Scho’el uMejschiw (Rav Natanson) aber interpretiert das Wort "wehi" als Bezug auf die ganze Torah.

Er erklärt die Interpretation folgendermassen: Schlomo spricht wie folgt: „Nachdem ich gesehen habe, dass ich auch für die Mizwa von Para Adumah einen Grund gefunden habe (wie z.B. Raschi zur Stelle kommentiert) und dennoch sprach G“tt zu Mosche, dass er nur Mosche den Grund dieser Mizwa offenbarte, kam ich zur Erkenntnis, dass auch alle Gründe aller Mizwot der Torah, die ich entdeckt hatte, nicht dem wahren Grund entsprechen“. Man würde denken, dass man die Torah verstehen kann, jedoch die Para Adumah zeigt uns - im Gegenteil - dass wir dies nicht können.

Parah Adumah wurde in Marah benötigt

Raw Kaminetzky beendet seine Erklärung mit der Erwähnung der Lehre unserer Weisen, dass das jüdische Volk einige Gebote in Mara bekommen hatte, bevor sie noch die gesamte Torah auf dem Har Sinai bekamen. Einer der Mizwot war Parah Adumah.

Es ist leichter zu verstehen warum G'tt uns Mizwot wie Schabbat oder Kibbud Aw weEm (Ehre von Vater und Mutter) in Mara gab. Diese sind solche Basisgebote, die nicht noch einige Wochen warten konnten bis zur Ankunft zum Har Sinai und sofort gegeben werden mussten.

Aber wozu würden sie Parah Adumah in Mara benötigen? Sie hatten noch nicht einmal ein Mischkan (Stiftzelt). Man kann keine Parah Adumah ohne Ohel Moed machen. Warum musste dann Parah Aduma so früh gelehrt werden?

Rav Jakow erklärt auf herrlicher Weise: Marah war die Vorbereitung zu Kabbalat HaTorah. Haschem gab dem jüdischen Volk die Mizwa von Parah Adumah um sie zu lehren, dass es genau um das geht. Obwohl sie noch nicht physisch die Parah Adumah machen konnten, so mussten sie das Konzept des "Chok der Torah" vernehmen, bevor alles anfing. Dies ist es was die Torah ist, Haschems Gebote auszuführen, nur weil Er sie uns gegeben hat, auch ohne sie zu verstehen.


Persönlichkeiten und Quellen:
Sefer HaChinuch – „Das Buch der Erziehung“, ein Katalog der 613 Ge- und Verboten, geordnet nach den wöchentlichen Torah-Abschnitten. Herausgegeben von Raw Aharon HaLevi von Barcelona im 13ten Jahrhundert in Spanien.
Raw Josef Schaul Natanson – (1810-1875); Autor der Responsensammlung Schoel uMejschiw; Aw Bejt Din von Lvov (Lemberg)
Raw Jakow Kaminetzky – (1891-1986), Rosch Jeschiwa von Jeschiwa Torah VeDaas, New York City.

Glossar
Chok / Chukim – ein Gebot / Gebote, dessen / deren Grund wir nicht verstehen.
Parah Adumah – Rote Kuh
Kibbud Aw weEm – Die Hochachtung von Vater und Mutter
Mischkan – das Tabernakel (erst nach seiner Errichtung wurden die Gesetze der Roten Kuh relevant)
Ohel Moed – Zelt der Zusammenkunft (2. Name des Mischkans)
Kabbalat HaTorah -- Der Erhalt der Torah



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