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Wie sich "Alija leRegel" hineingeschlichen hat, um eine der "Drei Grossen" zu sein! (Rav Frand, Behar 5783)

Rav Frand zu Paraschat Behar 5783

Wie sich "Alija leRegel" hineingeschlichen hat, um eine der "Drei Grossen" zu sein!

Am Ende von Paraschat Behar steht im Passuk (Vers): "Ihr sollt euch keine Götzen machen, und ihr sollt euch keine Statue oder Denkstein aufrichten, und in eurem Land sollt ihr keinen Stein mit Bildwerk hinlegen, um euch darauf niederzuwerfen – denn Ich bin der Ewige, Euer G"tt. Meine Schabbatot sollt ihr beachten, und Mein Heiligtum sollt ihr fürchten – Ich bin der Ewige" (Wajikra 26:1-2).

Die Tora hat schon an vielen Stellen vor dem Götzendienst gewarnt, aber aus irgendeinem Grund wiederholt die Tora dieses Verbot hier nochmals. Ebenfalls hat die Tora die Beachtung von Schabbat schon mehrere Male erwähnt. Dasselbe kann über die Ehrfurcht vor dem Heiligtum gesagt werden. Man kann sich fragen, was die Wiederholung dieser spezifischen Mizwot hier am Ende unserer Parascha bedeuten sollen.

Raschi weist daraufhin, dass die unmittelbar bevorstehenden Pessukim (Verse) einen Juden betreffen, der als Sklave einem heidnischen Götzendiener verkauft wurde. Raschi kommentiert, dass die zwei Pessukim am Ende der Parascha spezifisch an diesen armen und bedauernswerten Mensch adressiert sind, der ein jüdischer Sklave ist und gezwungen wird, für einen heidnischen Götzendiener zu arbeiten. Für den Fall, dass dieser Mensch meint, dass "nachdem mein Herr sittenlos ist, ich auch sittenlos sein kann, nach dem mein Herr den Schabbat entweiht, ich auch den Schabbat entweihen kann", warnt ihn die Tora, dass er sogar unter diesen misslichen Umständen verpflichtet ist, sich laut den Regeln der jüdischen Moralität zu verhalten – eine monotheistische Loyalität, Schabbat-Beachtung und Ehrfurcht vor dem Heiligtum.

Der Ramban zitiert denselben Gedanken, fügt jedoch einen weiteren Punkt hinzu. Der Ramban schreibt zur Stelle, dass die Warnung – an diesen jüdischen Sklaven – dass er das Gesetz "Mein Heiligtum sollst du fürchten" einhalten muss, bedeutet, dass diese Person trotz allem die Mizwa der Alija leRegel, dem Hinaufziehen zum Bejt Hamikdasch an den drei Pilger-Festen, einhalten muss. Er muss Jeruschalajim besuchen und dort vom Tempeldienst zur G’ttesfurcht inspiriert werden.

Der Ramban schreibt, dass der jüdische Sklave, der sich im Haus des heidnischen Götzendieners befindet, verpflichtet ist, die gesamte Tora – alle Mizwot – zu beachten. Die drei Gebote, die in diesen zwei Versen hervorgehoben werden, verkörpern die "Awot" (Prototypen) aller Mizwot. Dies sind die "Grossen Drei": Verbot von Awoda Sara (Götzendienst), Einhaltung des Schabbats und Alija leRegel (das dreimalige Heraufpilgern an den Feiertagen nach Jeruschalajim)!

Diese Gruppierung ist nicht, woran wir normalerweise denken, wenn wir über die "Grossen Drei" Mizwot nachdenken. Wir können verstehen, dass die Tora über das geistige Wohlergehen dieses bedauernswerten Juden, der im Haus eines heidnischen Götzendieners lebt, ohne Kontakt zur jüdischen Gesellschaft und einer jüdischen Umgebung, besorgt ist. Wir können verstehen, dass die Tora ihm sagen muss, dass er doch verpflichtet ist, die Tora zu halten, und dies betont, indem sie ihn erneut vor der Übertretung der wichtigen Grundverbrechen warnt. Götzendienst und Schabbat-Beachtung gehören in diese Kategorie. Aber Alija leRegel? Man würde nicht denken, dass dies zu den "Höchsten Drei" (oder sogar den "Höchsten 10" oder "Höchsten 25") der wichtigsten Gebote gehören könnte, die das Wesen der Verbindung eines Menschen zur Tora definieren. Was meint der Ramban damit?

Raw Simcha Sissel Broide interpretiert diesen Ramban in seinem Sefer "Sam Derech" auf wunderschöne Weise:

Das Sefer Dewarim enthält in Paraschat Re'eh die Gesetze von Ma’asser Schejni, die Mizwa des zweiten Zehnten (zusätzlich zum ersten Zehnten, der den Leviten gegeben werden muss). Diese Mizwa erfordert vom Juden, im ersten, zweiten, vierten und fünften Jahr des siebenjährigen Schemitta-Zyklus 10% seiner Ernte nach Jeruschalajim zu bringen und ihn dort zu verzehren. Es besteht auch die Möglichkeit den Wert dieser Früchte in Geld einzulösen und dann mit diesem Ma’asser-Schejni-Geld in Jeruschalajim Früchte zu kaufen, auf die dann die Heiligkeit von Ma’asser Schejni übertragen wird. Die Tora drückt sich dort wie folgt aus: "Von allem Ertrag deiner Saaten, der auf deinem Feld wächst, sollst du Jahr für Jahr den Zehnten absondern. Und du sollst ihn vor Haschem, deinem G"tt, am dem Ort essen, den Er erwählen wird, um dort Seine Schechina ruhen zu lassen; den zehnten Teil deines Getreides, deines Mosts (Weins) und deines Öls, und die Erstgeborenen deiner Rinder und deines Kleinviehs, auf dass du es lernst, den Ewigen, deinen G"tt, allezeit zu fürchten" [Dewarim 14:22-23].

Tossafot in Baba Batra [21a, Ki miZion] stellt die Frage, was die Verbindung zwischen dem Essen von Früchten in Jeruschalajim und der Furcht vor Haschem ist? Tossafot beantwortet die Frage so: Nachdem er (der Talmud spricht dort von Schüler, die nach Jeruschalajim gebracht werden, um dort zu lernen) eine grosse Heiligkeit (Keduscha Gedola) sehen wird und auch sehen wird, wie die Kohanim sich mit dem G"ttesdienst beschäftigen, wird sein Herz sich mehr auf die Furcht vor G’tt und das Lernen von Tora konzentrieren, wie im Sifri gelehrt wird: "Gross ist Ma’asser Schejni (die Mizwa des Zweiten Zehnten), denn sie inspiriert den Menschen, zu lernen und geistig zu wachsen. Wenn ein Mensch einige Zeit in Jeruschalajim verbringt (während er 10% seiner jährlichen Ernte verzehrt) und sieht, wie alle Bewohner dieser Heiligen Stadt sich mit dem G"ttesdienst beschäftigen, wird er sein Herz auch auf die Furcht vor Haschem konzentrieren und sich mit der Tora beschäftigen."

Wenn ein Mensch zum Bejt Hamikdasch (Tempel) hinaufzieht und die Ehrfurcht und Verehrung sieht, mit der man sich im Bejt Hamikdasch verhält, hat er nicht nur eine einzelne Mizwa erfüllt. Die Erfahrung wird auch einen Einfluss auf die Beachtung aller anderen Mizwot haben! Der Jude, der für die Mizwa von Alija leRegel oder für das Verzehren von Ma’asser Schejni nach Jeruschalajim hinaufzieht, sieht eine Stadt vor sich, deren vorrangige Industrie Awodat Haschem (G"ttesdienst) ist! Die Hauptessenz der Stadt ist nicht Stahl, nicht Computer oder auch nicht der Bau von Flugzeugen oder Autos. Die Industrie von Jeruschalajim war der G"ttesdienst! Dies würde jeden Besucher, der dorthin kam, dazu inspirieren, seinen eigenen G"ttesdienst zu verbessern und die Qualität und Quantität seines eigenen Tora-Lernens zu verbessern. Die Furcht vor Haschem wird im Tempelbezirk des Bejt Hamikdasch – buchstäblich durch Osmose – absorbiert.

Jetzt können wir verstehen, warum die "Alija leRegel" als eine der "Drei Grossen" gezählt werden kann. Dieser arme Jude war kein rechtschaffener Mensch. Raschi beschreibt, wie er in diesen misslichen Zustand geraten ist; und zwar in Reihenfolge der einzelnen Abschnitte in Paraschat Behar. Er vernachlässigte die Mizwa von Schemitta (die landwirtschaftlichen Einschränkungen des siebten Jahres); er machte keine Teschuwa (Rückkehr), daher war er nachher gezwungen sein Hausrat zu verkaufen, dann seine Felder, dann sein Haus, dann war er gezwungen Geld mit Zins zu leihen, und letztendlich sich selbst zu verkaufen, und dies nicht einmal an einen jüdischen Besitzer, sondern an einen Nichtjuden! Jetzt ist er mitten im Nirgendwo festgefahren – ohne Eltern, ohne Geschwister, ohne Freunde, ohne eine Schul (Synagoge), nichts, was seine Verbindung zu seinem Vater im Himmel aufrechterhalten kann.

Die Gesellschaft übt keinen Druck auf ihn aus, ein Jude zu bleiben. Er hat keinen Druck von Kollegen, die ihn ermutigen, treu zu bleiben. Es gibt nur eine Sache, die ihm noch bleibt, die ihn daran hindert, alles aufzugeben – und dies ist Jir’at Schamajim (G’ttesfurcht). Wie wird er Jir’at Schamajim erwerben?

Der Passuk rät ihm: Bitte deinen Herrn, dir am Jom-Tov freizugeben, damit du nach Jeruschalajim reisen kannst. Wenn er das Bejt Hamikdasch und die Ehrfurcht sieht, von dem es durchdrungen ist, wird er Jir’at Schamajim erwerben. Er wird den Dienst der Priester sehen und wird diese Hingabe und Inspiration mit sich mitnehmen. Dieses Jir’at Schamajim wird ihn bis zum nächsten Jom-Tov halten.

Wenn wir die Verbindung zwischen Alija leRegel und Jir’at Schamajim verstehen, realisieren wir, warum dies eine der "Drei Grossen" ist. Wie Rabbejnu Jona bezüglich Furcht vor Haschem schreibt, "rühren alle Mizwot davon her". Jir’at Schamajim ist das Wichtigste, wenn es sich um die Mizwa-Beachtung handelt. Ein Mensch, der Haschem fürchtet, wird ein aufrechter Jude sein. Wenn ein Mensch keine Furcht vor dem Allmächtigen besitzt, kann alles Mögliche geschehen.

Dies ist die erhabenste Weisheit von Schlomo Hamelech (König Salomon). Am Schluss des ganzen Buch Kohelet (Prediger) sagt uns Schlomo Hamelech das Entscheidende: "Lasst uns die Endabsicht aller Lehren hören: Fürchte Gott und halte seine Gebote; denn das ist der alleinige Zweck der Erschaffung des Menschen!" [Kohelet 12:13].

Aus diesem Grund ist es eindeutig klar, dass die "Drei Grossen" im Judentum, das Verbot von Awoda Sara (Götzendienst), die Einhaltung des Schabbats und Alija leRegel oder – wie wir es jetzt auf einen Nenner gebracht haben – die "Furcht vor dem Allmächtigen" sind.

 

Quellen und Persönlichkeiten:

Sifri – Ältester Midrasch Kommentar zu Sefer Bamidbar und Sefer Dewarim. Der Sifri zu Bamidbar stammt aus dem Bejt Hamidrasch von Rabbi Jischma’el und der auf Dewarim aus dem Bejt  Hamidrasch von Rabbi Akiwa.  Wird oft von Raschi zitiert.

Raschi, Akronym für Rabbi Schlomo ben Jizchak (1040-1105); Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller TENACH- und Talmudkommentare“.

Tossafot ("Tossafisten"): Talmuderklärer des 12. und 13. Jahrhunderts. Einige unter ihnen waren Enkel von Raschi.

Ramban: Rabbi Mosche ben Nachman – "Nachmanides" (1194 - 1270); Gerona, Spanien; Erez Jisrael; einer der führenden Toragelehrten (Rischonim) des Mittelalters, einer der Haupterklärer des Chumasch (fünf Bücher Moses), wie Verfasser weiterer Werke in Haschkafa (Kitwej haRamba“n) und Abhandlungen zum Talmud.

Rabbejnu Jona ben Abraham Gerondi (1200-1263); Girona, Barcelona und Toledo, Spanien. Rabbiner und Rosch Jeschiwa. War einer der bekannten Rischonim. Cousin des Ramban (Nachmanides). Bekannt durch seine Werke: „Scha’arej Teschuwa (Lehre über moralisches Verhalten)“, Erklärungen zu Pirkej Awot und Mischlej, wie Abhandlungen zum Talmud (grosser Teil ging verloren).

Raw Simcha Sissel Broide (1912-2000), Verfasser vom Buch "Sam Derech", Rosch Jeschiwa der Chewroner Jeschiwa, Jerusalem

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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