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Wer führt die Welt? - Perspektiven zu Paraschat Mischpatim 5780

Aus: Die Jüdische Zeitung, Nr. 6, 24. Schwat 5778 / 9. Februar 2018

Bearbeitet und ergänzt von S. Weinmann

 

Wer führt die Welt?

Gegen Ende unserer Parascha bringt die Thora den berühmten Ausspruch des jüdischen Volkes -das "Na’aseh weNischma" - als Ausdruck ihrer völligen Bereitschaft die Thora in Empfang zu nehmen.

In der letztwöchigen Paraschat Jitro lesen wir die Asseret Hadibrot (zehn Gebote), die Anordnungen, die das jüdische Volk aus G-ttes Munde vernommen hatte. Anschliessend folgt unsere Parascha.

Unsere Parascha – Paraschat Mischpatim – beginnt mit folgenden Worten: „Und das sind die Rechte, die du ihnen vorlegen sollst.“ (Schemot 21,1). Der Midrasch Raba am Anfang dieser Parascha [30:9] erklärt die Worte, mit denen die Parascha beginnt, mit dem Zitat aus Tehilim (Psalm 147,19): „Maggid Dewaraw leJa’akow – Haschem tut kund Seine Worte dem Ja’akow“, „uMischpataw leJisrael – und Seine Gesetze dem Volk Jisrael“.

Der Sefat Emet erklärt den Zusammenhang dieser Pessukim. Haschems Worte sind die zehn Gebote, die den Jehudim am Berg Sinai gegeben wurden. Darin ist aber gleichzeitig auch die Führung der Welt angedeutet. Denn als Haschem die Welt mit den zehn ‚Ma’amarim – zehn Aussprüchen – geschaffen hatte, wurden darin bereits die zehn Gebote der Asseret Hadibrot angedeutet. Mit anderen Worten, leitet HKB“H unsere Welt durch die Mizwot und Gebote der Tora, die Haschem uns übergeben hat. Je nachdem, wie unser Verhältnis zu den Ge- und Verboten der Tora ist, wird die Welt zum Guten oder Schlechten beeinflusst. Es ist eine direkte Folgerung. Schliesslich liegt die Führung der Welt sozusagen in den Händen des Klall Jisrael. Je mehr sie der Thora und ihrer Mizwot treu sind, umso besser geht es der Welt.

Dies ist die Erklärung des ersten Teils des Passuks von ‚Maggid Dewaraw leJa’akow‘. Im zweiten Teil steckt jedoch eine noch höhere Stufe drin: „uMischpataw leJisrael – und Seine Gesetze dem Volk Jisrael“. Nebst der Führung der Welt, die Haschem in die Hände des Klall Jisrael gegeben hat, übergab Haschem dem Klall Jisrael auch die Gesetze der Tora selbst.

Zum Beispiel: Ein Jehudi hat eine Sünde begangen, für die er eigentlich todesschuldig ist. Nach Beratungen des Bejt Din (Gerichtshofes) kommen die Richter zum Entschluss, dass der Beschuldigte vom Tod befreit werden muss und sprechen ihn frei. Nun kommen weitere Zeugen oder weitere Erkenntnisse, die gegen diesen Entscheid sprechen. So kommt die Thora nun und bestimmt, dass der Entscheid des Gerichtshofes über den Beschuldigten, auch wenn er nach der Thora eigentlich zum Tode verurteilt werden müsste, nicht mehr rückgängig gemacht werden kann und der todesschuldige frei ist. Sobald das Bejt Din bestimmt hat, dass er nicht schuldig ist, kann niemand mehr kommen und sagen: ‚Dieses oder jenes wurde unrichtig entschieden, das Bejt Din hat sich geirrt und die Person sollte eigentlich nach dem Gesetz der Tora getötet werden‘. Das ist so, weil Haschem auch die Gesetze der Tora gewissermassen in die Hände des Klall Jisrael und ihre Führer gegeben hat.

Die Reihenfolge der Dinge ist aber verbindlich. Erst nachdem der Klall Jisrael die „Dewaraw - Worte“ von HKB“H angenommen hat, wurden ihm die „Mischpataw - Gesetze“. übergeben. Denn die Worte von Haschem sind Bestimmungen von HKB“H, die nicht unbedingt vom Menschenverstand begriffen werden können. Nimmt der Jehudi diese „unverständlichen“ Worte/Mizwot auf sich, zeigt er damit, dass er bereit ist, das himmlische Joch auf sich zu nehmen, auch ohne die Hintergründe zu verstehen. Er akzeptiert ganz einfach, dass seine Ausführung der Mizwot die Führung der Welt beeinflussen. Erst dann sind wir Jehudim fähig, auch die Gesetze von HKB“H zu erhalten, die mit dem Verstand des Menschen nachvollziehbar sind und einfach angenommen werden können. Wenn wir Jehudim beweisen, dass wir die unverständlichen Gesetze getreu und seriös erfüllen, dann können uns die verständlichen und logischen Gesetze anvertraut werden. Und nachdem wir unseren eigenen Willen dem Willen G“ttes unterworfen haben, passt auch HKB“H Seinen Willen dem Willen des Volkes Jisrael an. Bestimmen sie über ein Gesetz der Tora, dass es nicht vollstreckt werden soll (wie das Beispiel des Freispruches des Bejt Din), fügt Sich ihnen HKB“H sozusagen.

Das steckt auch im ‚Na’asse weNnischma – wir wollen machen und hören/verstehen‘. Erst nachdem der Klall Jisrael sich bereit erklärt hatte, zu tun, was Haschem verlangt, auch ohne zu ‚hören‘ und zu verstehen, hatten sie das Verdienst, von ‚weNnischma‘, neben den unverständlichen Bestimmungen auch die verständlichen Gesetze zu erhalten.

Deshalb beginnt die Parascha auch quasi wie mitten im Satz mit ‚Und das sind die Rechte…‘, wie Chasal uns sagen, dass diese Gesetze den vorangehenden Geboten der letzten Parascha hinzugefügt wurden.

Nachdem der Klall Jisrael die ersten zehn Dibrot/Gebote auf sich genommen hatte, verdient er, auch diese verständlichen Gesetze als ‚ihre Gesetze‘ zu erhalten.

Aus dem ersten Passuk der Parascha leiten unsere Weisen/Chasal ab, dass wir Jehudim unsere Gerichtsfälle ausschliesslich vor das jüdische Gericht bringen dürfen und sie nicht dem Gericht der Nochrim unterbreiten dürfen. Der Grund dafür ist, dass Haschems Entscheid – also der Entscheid der Tora – nicht dem Entscheid der anderen Völker unterworfen ist, auch wenn ihr Gerichtsentscheid mit dem Gerichtsentscheid des Bejt Din gewissermassen übereinstimmt. Denn nur der Entscheid eines Bejt Din, das seinen Willen dem Willen G“ttes unterwirft, ist für die Tora massgebend. Nur diesem Entscheid wird HKB“H Sich ‚fügen‘ und somit ist nur ein solcher Entscheid für HKB“H ‚verbindlich‘!  Ch. B.

Quellen und Persönlichkeiten:

Sefat Emet (1847 - 1905): Rabbi Jehuda Leib Alter; der zweite Gerer Rebbe; Polen, Verfasser von den Werken Sefat Emet auf Talmud und Chumasch.

Glossar:

HKB“H: Akronym für Hakadosch Baruch Hu – Der Heilige, gelobt sei Er.

Bejt Din: Jüdischer Gerichtshof (nur ein solcher von 23 oder 71 Richtern, ist befugt Todesurteile auszusprechen)

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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