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Rav Frand zu Paraschat Chaje Sara 5779 (Beitrag 2)

Grosse jüdische Führer: Die „grosse Familie“ kommt vor der „nahen Familie“

Anfangs der dieswöchigen Parascha (Wochenabschnitt) steht im Passuk (Vers): „Und Awraham war alt und betagt und G’tt hatte ihn in allem gesegnet. [24:1]“ Unmittelbar anschliessend wird erzählt, wie Awraham Elieser zu sich ruft, von ihm einen Schwur verlangt und ihn damit beauftragt, für Jizchak eine Frau zu finden. Die Fortsetzung dieses ziemlich langen Kapitels (67 Verse) beinhaltet die Geschichte von Eliesers Reise, um diese Mission zu erfüllen.

Wir verstehen, warum dieser Auftrag für Awraham ausserordentlich wichtig war. Wir begreifen, wieso er Elieser schwören liess. Wir verstehen, wieso in diesem Kapitel die letzten Einzelheiten erwähnt werden. Der einzige Vers, der nicht in diese Erzählung zu passen scheint, ist der erste. Wieso wird der ganze Abschnitt mit der Tatsache eingeleitet, dass Awraham alt war und G’tt ihn in allem gesegnet hatte?

Der Neziv gibt auf diese Frage zwei Antworten. Gemäss der ersten Antwort will der Vers erklären, wieso Awraham nicht selbst auf diese Reise ging. Wieso vertraute Awraham diese Mission seinem Diener an, wenn sie so wichtig war, wenn die Zukunft des jüdischen Volkes davon abhing? Die Antwort ist, dass Awraham zu alt war, um selbst auf die Reise zu gehen.

Eine vollkommen neue Sicht beleuchtet die zweite Antwort des Neziv. Er erklärt, dass die Anforderung, eine neue Nation aufzubauen so anspruchsvoll war, dass er einfach nicht wegfahren konnte. Er konnte selbst nicht in sein Geburtsland zurückkehren, weil er wegen der Fülle dringender Angelegenheiten einfach keine Zeit dazu hatte.

Awraham war der geistige Leuchtturm der Welt. Ununterbrochen traf er sich mit Menschen, die aus nah und fern herkamen, um mit ihm zu reden. Ständig suchte man seinen Rat, seine Gebete und seine geistige Anleitung. Trotz der Wichtigkeit dieser Mission, konnte Awraham nicht einfach sein Koffer packen und für Wochen oder gar Monate verreisen.

Die Mission, eine Frau für Jizchak zu finden konnte auch Elieser übertragen werden; Awrahams Tätigkeit konnte er jedoch keinem anderen anvertrauen. Die Gemeinschaft („der Zibbur“) brauchte ihn.

Dieser Gedanke ist ungewöhnlich! Obwohl Jizchak sein eigener Sohn war und es sich um eine wichtige Familienangelegenheit handelte, von der die ganze Zukunft des jüdischen Volkes abhing, musste Awraham seinen Pflichten der Gemeinschaft gegenüber den Vortritt lassen.

Diese Geschichte wiederholt sich bei allen „Gedolej Jisrael“ (grossen jüdischen Führern) immer wieder. Sie sind oft bereit, ihre eigenen Bedürfnisse und die ihrer Familie gegenüber denjenigen der Gemeinschaft hintanzustellen. Diese Lebensart ist sehr uneigennützig.

Ich erklärte diesen Gedanken des Neziv einmal Rabbi Josef Tendler (Rektor der Mittelschule Ner Israel). Daraufhin erzählte mir Rabbi Tendler eine Episode aus dem Leben seines Schwiegervaters, Rabbi Menachem Perr, seligen Angedenkens.

Rabbi Perr stand einer Gemeinde in South Ozone Park, New York (nahe dem J. F. Kennedy – Flughafen) vor. Die Gemeinde in South Ozone Park war nicht gross. Als Rabbi Tendler einmal einen Brit (eine Beschneidung) für einen seiner Söhne an einem Schabbat durchführte, lud er selbstverständlich auch den Grossvater des Babys ein. Rabbi Perr kam jedoch nicht. Zu dieser Zeit gab es in Rabbi Perrs Gemeinde bereits kein regelmässiges Minjan mehr. Nur 7, 8 oder 9 Menschen nahmen noch am G’ttesdienst teil. Trotzdem meinte Rabbi Perr: „Diese 7 oder 8 Menschen kommen nicht nach Schul (in die Synagoge), wenn ich über Schabbat verreise. Sie werden den Schabbat wenigstens für die 3 Stunden, während der sie in Schul sind, nicht entweihen. Wenn ich verreise, werden sie während diesen 3 Stunden vielleicht Tätigkeiten verrichten, die am Schabbat verboten sind und nicht in die Synagoge kommen.“ Rabbi Perr nahm nicht am Brit seines eigenen Enkels teil, weil er die Verantwortung spürte, 8 Menschen an einem Schabbatmorgen nicht alleine zu lassen.

Die Gemeinschaft geht der Familie vor. Diese Tradition begann mit Awraham und wurde seitdem von allen grossen jüdischen Führern fortgeführt.

Quellen und Persönlichkeiten:

Neziv (1817 – 1893): Abkürzung für Rav Naftali Zwi Jehuda Berlin. Rosch Jeschiwa der Jeschiwa in Woloschin; Verfasser des Kommentars "Ha'amek Dawar" über das Chumasch.

Die Bearbeitung dieses Wochenblatts erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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