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Rav Frand zur Omer-Zeit und Grösse Rabbi Akiwa’s

Ergänzungen: S. Weinmann

Die Grösse Rabbi Akiwas

Paraschat Kedoschim – das immer in der Omer-Zeit gelesen wird - enthält das bekannte Gebot "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst (weAhawta leRe’acha kamocha)" [Wajikra 10:18]. Es gibt einen berühmten Torat Kohanim, den Raschi zur Stelle zitiert, den die Kinder öfters singen: "Rabbi Akiwa sagte, die Mizwa, deinen Nächsten wie dich selbst zu lieben, ist eine fundamentale Regel der Tora."

Es gibt einen ähnlichen talmudischen Absatz [Traktat Schabbat 31a] bezüglich eines Nichtjuden, der Interesse zeigte, zum Judentum zu konvertieren. Er bat Hillel, ihn die ganze Tora zu lehren, "während er auf einem Fusse stünde". Hillel unterrichtete ihn kurz: "Was du nicht willst, dass andere dir antun, tue auch anderen nicht an. Das ist die ganze Tora, der Rest ist nur eine Erklärung zu dieser Regel, gehe und lerne sie."

Es ist offensichtlich, dass es sehr schwierig ist, diese Mizwa richtig zu befolgen. Ich habe jedoch eine Ideenfolge, dass es gerade Rabbi Akiwa ist, der uns zu Recht bezüglich der Wichtigkeit dieser Mizwa ermahnen kann und darf. 

Diese Jahreszeit – zwischen Pessach und Schawuot – ist die Periode des Omer-Zählens, in der wir gewisse Trauerrituale als Andenken an Rabbi Akiwas Schüler ausführen. Rabbi Akiwa hatte 24'000 Schüler, eine verblüffende Zahl im Vergleich zu unserem heutigen Begriff einer "grossen" Jeschiwa. Rabbi Akiwa was ein grosser Rosch Jeschiwa. Während der Omer-Zeit starben jedoch alle seine 24.000 Schüler.

Wenn Sie oder ich Rabbi Akiwa wären und wir eine Jeschiwa mit tausenden Schülern hätten und unsere gesamte Jeschiwa - G-tt behüte - aufgrund eines Charakterfehlers gestorben wäre, wie würden wir reagieren? Die Reaktion der meisten Menschen wäre zweifellos: „Ich bin nicht dafür geeignet, ein Rosch Jeschiwa zu sein. Ich muss etwas falsch gemacht haben.“ Dies muss für Rabbi Akiwa eine niederschmetternde Erfahrung gewesen sein. Dies war sein Lebenswerk - und alles war weg!

Was erzählt uns jedoch der Talmud [Traktat Jewamot 62b]? "Als Rabbi Akiwas Talmidim starben und die Welt verödet war (vom Tora-Wissen), stand er auf und ging in den Süden Erez Jisraels und begann von neuem! Er unterrichtete Rabbi Me’ir, Rabbi Jehuda, Rabbi Jossi, Rabbi Schim’on bar Jochai und Rabbi El’asar ben Schamua. Durch diese blühte die Tora wieder auf."

Es ist uns klar, dass Rabbi Akiwa eine unglaubliche Resistenz hatte. Er war eine Art von Mensch, der trotz der mächtigen Katastrophe, die ihn traf, etwas Positives in dieser Katastrophe finden konnte, das ihm die Fähigkeit gab, weiterzumachen.  Er hatte eine unglaubliche Begabung, die schlimmste Situation auszuwerten und zu glauben, dass "nicht alles verloren ist".

Ein weiteres Beispiel von Rabbi Akiwas Kontinuität kann aus einem Vorfall ersehen werden, der nach der Zerstörung des Bejt Hamikdasch (heiligen Tempels) geschah. Der Talmud erzählt [Traktat Makkot 24a-b], dass mehrere Tanna’im (Mischna-Gelehrte) nach Jeruschalajim hinaufstiegen. Als sie vom Har (Berg) Hazofim Jeruschalajim und den verwüsteten Tempelberg erblickten, rissen sie (gem. der Halacha) ihre Kleider ein. Als sie dem Tempelberg näherkamen, sahen sie, wie ein Fuchs aus der Stätte des Bejt Hamikdasch, vom Ort, wo sich einst das Allerheiligste befand, herauskam. Alle begannen zu weinen, ausser Rabbi Akiwa, der lächelte. Sie wunderten sich auf Rabbi Akiwa.  Rabbi Akiwa sah aber das Positive in dieser Situation und sagte seinen Freunden: "Wenn die Prophezeiung, die die Zerstörung des Tempels vorhersagte, sich bewahrheitete, dann wird sich auch die Prophezeiung, die die Erlösung vorhersagte, bewahrheiten."

Rabbi Akiwa sagt uns [Traktat Joma 85b]: "Glücklich bist du Israel – Wer läutert dich? Dein Vater im Himmel".

Rabbi Akiwa erlebte persönlich den Jom Kippur, als das Bejt Hamikdasch noch stand. Er erlebte, wie der Kohen Gadol (Hohepriester) den speziellen Dienst des Tages erfüllte, wie auch das sofortige Wissen, ob es ein gutes oder schlechtes Jahr werden würde. Es gab nichts Schöneres als das Strahlen des Kohen Gadol, als er aus dem Heiligtum heraustrat.

Rabbi Akiwa musste sich jedoch mit einer Generation befassen, die einen Jom Kippur kurz nach der Zerstörung des Tempels erlebte, als es keinen Kohen Gadol mehr gab. Stellen Sie sich vor, wie die Menschen sich fühlten! Dies ist ein Jom Kippur? Und Rabbi Akiwa ging zu ihnen und überzeugte sie, dass Jom Kippur immer noch etwas Wunderschönes war. Wir benötigen nicht unbedingt einen Kohen Gadol! Wir werden nun direkt von G"tt selbst geläutert.

Rabbi Akiwas Stärke war, dass er in jeder Situation immer das Positive sah. Aus diesem Grund lehrte er: "Liebe deinen Nächsten wie dich selbst". Jeder Mensch hat etwas Positives. Der Ba’al Schem Tow interpretiert das Wort "kamocha" (wie dich selbst) in diesem Passuk wie folgt: Wenn ein Mensch am Morgen aufsteht und sich im Spiegel anschaut, denkt er: "Ich bin grundsätzlich ein guter Mensch. Ich habe meine Fehler und Schwächen; ich bin nicht perfekt. Aber ich bin eher gut als schlecht." Dies, sagt der Ba’al Schem Tow, ist, wie wir unseren Nächsten betrachten sollten. Er ist grundsätzlich ein guter Mensch; ich werde seine Fehler übersehen.

Dies ist nicht immer leicht. Es fordert von uns, uns auf das Gute, anstatt das Schlechte, zu konzentrieren, immer das halb volle Glas und nicht das halb leere zu betrachten. Dies war die Stärke von Rabbi Akiwa, und dies ist der Schlüssel zur Erfüllung der Mizwa, die "die fundamentale Regel der ganzen Tora" genannt wird.

Quellen und Persönlichkeiten:

Torat Kohanim: Erklärung der Tana’im (Mischna-Gelehrten) zu Sefer Wajikra. Raschi zitiert ihn oft.

Raschi (1040-1105) [Rabbi Schlomo ben Jizchak]; Troyes (Frankreich) und Worms (Deutschland); „Vater aller TENACH- und Talmudkommentare“.

Ba’al Schem Tov (1698-1760), Gründer der chassidischen Bewegung, Medschibosch, Ukraine.

 

Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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