Schewat/ Paraschat Beschalach

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Raw Ciner: Pessach - Verpflichtung

Pessach - Verpflichtung

Kommende Woche begehen wir die Pessach-Feiertage. Wir haben oft darauf hingewiesen, dass unsere Feiertage nicht blosse Erinnerungen an vergangene Ereignisse darstellen, die sich vor vielen Jahren abgespielt haben. Sie stellen vielmehr die Mittel dar, mit denen wir die gleiche geistige Stufe wie damals erreichen können, damit uns diese Stufe auch heute wieder zugänglich wird.

Es ist interessant festzustellen, dass Pessach sogar für Menschen, die es mit der Einhaltung anderer Mizwot (Gebote) und Feiertage nicht so genau nehmen, einen weiterhin hohen Stellenwert einnimmt.

Pessach, der Auszug aus Ägypten, war die Geburt unserer Nation. Keine Nation, wie viele andere, sondern eine Nation, deren Entwicklung und Bestimmung von Haschem gesteuert wird, damit die Welt ihr vorgesehenes Ziel erreicht. Diese Verbindung zu Haschem, die Avraham Avinu (unser Vater) auf einer persönlichen, individuellen Stufe begründete, die von Jizchak, Ja'akov und seinen zwölf Söhnen, den Stämmen Israels, fortgeführt wurde, entwickelte sich beim Auszug aus Ägypten zur schicksalhaften Grundlage der ganzen Nation. Weil Haschem Sich uns am Sinai offenbarte und uns Seinen heiligen Willen in Form der Torah zu erkennen gab, obliegt uns Benej Israel (Kinder Israels) die erhabene Verantwortung, den anderen Nationen zu zeigen, dass Er da ist und diese Welt leitet.

Beim Durchlesen der Hagadah (der Textsammlung, die durch den Sederabend führt) stiess ich mit einigen Schülern aus meinem Schiur (Klasse) auf folgende Textstelle. Die Hagadah weist darauf hin, dass die Torah von vier Söhnen spricht, wenn sie den Auszug aus Ägypten unseren Kinder näher bringen möchte: Echad Chacham (einer, der weise ist), echad Rascha (ein Böser), echad Tam (ein Einfältiger) ve'echad sche'ejno jode'a lisch'ol (und einer, der nicht weiss, wie zu fragen).

Einer meiner Schüler fragte mich, wieso es denn nötig sei, das Wort "einer" vor jeden der Söhne zu stellen. Eine mögliche Erklärung ist, dass die Hagadah uns lehren will, dass jeder Mensch mit seinen Möglichkeiten und Fähigkeiten (die möglicherweise erst in Entwicklung begriffen sind) einzigartig ist und entsprechend behandelt werden muss. Zudem weist die Hagadah darauf hin, dass man jeden richtig behandeln und ihm eine für ihn passende Antwort geben muss, damit die Antworten eine Wirkung zeigen. Jeder Mensch wird auf eine andere Art und Weise erreicht - "die" Methode oder Antwort, die für alle gilt, gibt es nicht.

Der Rascha (Böse) fragt: "Was bedeutet dieser Dienst für euch?" Er hält sich klar aus der ganzen Geschichte heraus. Was kümmert ihn schon dieses verstaubte, blödsinnige Ritual? Die Antwort darauf ist klar und deutlich. Dies ist, wieso G'tt mich aus Mizrajim (Ägypten) herausgeholt hat. Mich. Wärst du mit dieser Einstellung dort gewesen, hätte Er dich nicht erlöst.

Darum holte uns Haschem aus Mizrajim heraus. Wir bringen G'tt in diese Welt, indem wir die Torah und ihre Gebote beachten. Wir bewirken, dass Seine verborgene Präsenz offenkundig wird. Dies ist ein Prozess, eine Kette, die sich von der Zeit des Auszugs aus Ägypten, über Generationen, über Tausende von Jahren erstreckt und bis in die Zeit des Moschiach (Messias) hin reicht. Schlussendlich werden wir den Zeitpunkt erreichen, in dem die ganze Welt Haschem als Herrn des Universums anerkennen wird.

Stellen Sie sich die Zuneigung, Liebe und Dankbarkeit vor, die jemand, der Mizrajim verlassen durfte, gegenüber Haschem empfand. Stellen Sie sich vor, wie alle sich vornahmen, das Ritual, das der Schöpfer vorschrieb, bis zum letzten Jota auszuführen, weil man wusste, dass dies ein wichtiges Mosaiksteinchen darstellt um die Welt auf ihren Idealzustand zu heben. "In jeder Generation ist man verpflichtet, sich selbst so zu sehen, als ob man selbst Mizrajim verlassen durfte" [Hagadah]. Nur dann fühlt ein Mensch wahrhaftig die Verpflichtung, die Kette, die damals begann, weiterzuführen.

Stellen Sie sich eine Kette vor, die gewissenhaft, Glied für Glied, zusammengesetzt wird und über eine tiefe Schlucht reicht. Man hat die andere Seite schon fast erreicht. Das Werk von Tausenden nähert sich seiner Vollendung. Auf einmal - es fehlen nur noch zwei oder drei Glieder - werden die Leute, denen diese Glieder entsprechen, leichtsinnig! Sie kümmern sich nicht darum, ob diese Glieder noch richtig festgemacht sind. Mit Schrecken müssen die anderen zusehen, wie die Kette ihren Halt verliert, und in die Tiefe gleitet, weit, weit in die Schlucht hinab, bis sie nur noch schlaff an ihrem Angelpunkt hängt. Die ganze Mühe und Arbeit, Blut und Tränen - hinweggerafft in einem leichtfertigen Augenblick ...

Jede Generation, jeder Mensch ist ein weiteres Glied dieser Kette. Wir sind die letzten Glieder dieser Kette, die vom Auszug aus Ägypten bis zu Moschiach reicht, vom Beginn unserer Nation bis zum Ende der Zeiten. Unvorstellbarer Schmerz und Willensstärke waren notwendig, um diese Kette zu schaffen. Ich glaube, es gibt heute kaum einen Juden, der nicht Vorfahren hat, die ihr Leben für ihr Judentum hingaben, die alles, was sie hatten, dafür opferten, um diese Kette weiterzuführen. (Jeder Übergetretene wird als direkter Abkömmling von Avraham Avinu betrachtet, jemand der bereit war, das Liebste zu opfern.) Wie können wir nur gedankenlos und leichtfertig werden? Wie können wir, die letzten entscheidenden Glieder dieser Kette, das zunichte machen, was mit dem Blut unserer Urgrosseltern geschrieben wurde?

Vielleicht ist das eines der Gefühle, das jedes Jahr zu dieser Zeit "in der Luft liegt". Sogar diejenigen, für die das Geistige sonst nicht so wichtig ist, scheinen dies zu spüren. Das Gefühl und das Verstehen, dass wir Teil eines Ganzen sind, das viel umfassender ist als wir und dass wir gegenüber denjenigen, die lange vor uns lebten, eine Verantwortung tragen, wird uns bewusst.

Während diesem S'man Ge'ulatejnu (Zeit unserer Erlösung) versuchen wir uns so zu fühlen, als ob wir selbst Mizrajim verlassen hätten. Mögen wir in der Folge bald Moschiach zur Begrüssung entgegeneilen und die endgültige Erlösung verkünden, indem wir uns stolz als die letzten, starken Glieder in der Kette unserer Nation zeigen.


Einen fröhlichen und koscheren Pessach!


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