Schewat/ Paraschat Beschalach

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Die Bedeutung der Zahl „acht“: Ausserhalb der Naturkräfte  (Rav Frand zu Wajeschew und Chanukka 5779)

Bearbeitet und ergänzt von S. Weinmann

Potiphar’s Frau wollte Josef verführen. Josef weigerte sich und sagte: „… wie kann ich nur diese grosse Schlechtigkeit begehen?“ [Bereschit 39:9] Schliesslich traf sie ihn an, als er allein war und ergriff seine Kleidung. Josef gab jedoch nicht nach; im Gegenteil, er floh und rannte aus dem Haus („…waJanas waJeze haChuzah“).

Zum Passuk in Tehillim/Psalmen [14:3] „das Meer sah es und entfloh …“, gibt es einen berühmten Midrasch (Midrasch Tehilim, ibid.). Der Midrasch fragt: Was sah das Meer? Als die Juden zum Schilfmeer gelangten, so antwortet der Midrasch, erblickte das Meer Josef’s Sarg und floh. Mit den Worten des Midrasch’s: „Es floh vor demjenigen, der vor der Sünde floh.“ Das Meer spaltete sich für Israel, wegen dem Verdienst desjenigen, der sich zurückhielt und seinen Trieben nicht nachgab.

Was ist der Zusammenhang zwischen Josef’s Verdienst und der Spaltung des Schilfmeeres? Wer die Parascha genauer studiert, macht folgende ungewöhnliche Feststellung: Der Ausdruck „waJanas haChuzah“ („und er floh nach draussen“) wird in der Erzählung viermal wiederholt. Was soll dies bedeuten?

Ein ähnlicher Ausdruck erscheint bereits früher, in Paraschat Lech Lecha [Bereschit 15:5], nach dem Kampf von Awraham mit den vier Königen: „Wajoze oto haChuzah…“ („und Er führte ihn hinaus“), Haschem nahm Awraham „haChuzah“ (hinaus). Der Midrasch bemerkt dazu, dass Haschem Awraham sagte: „Geh aus deinem Sternbild (deiner Astrologie) hinaus, das dir zeigt, dass du keine Kinder haben wirst“ – verlasse die normalen Kräfte der Natur. „Du, Awraham, stehst über der Natur. Du bist nicht von den Naturgewalten abhängig. Eigentlich solltest du beim normalen Lauf der Natur keine Kinder bekommen, tatsächlich wirst du jedoch der Vater grosser Nationen werden. Du stehst über der Natur.“

Die Worte „Wajoze oto haChuzah“ beschreiben die Kraft, die Natur zu besiegen. Josef gebrauchte die Kräfte des Juden, um über der Natur und ihren Beschränkungen zu stehen.

Alles in der Natur hätte dafür gesprochen, dass Josef den Verführungen von Potiphar’s Frau erliegen würde. Doch Josef war imstande, die Kraft Awraham’s, seines Urgrossvaters einzusetzen, welcher ausserhalb der Natur stand. Josef besiegte seine eigene Natur, statt ihr nachzugeben.

Als Josef’s Sarg das Schilfmeer erreichte spaltete sich das Meer, dessen Natur das Fliessen ist, wegen dessen Verdienst. Die Naturkräfte waren aufgehoben. Das Meer floh vor demjenigen, welcher geflohen war. Derjenige, der die Natur besiegte, hatte auch die Kraft, die Natur des Meeres in Schach zu halten.

Der Schemen haTov führt diesen Gedanken noch einen Schritt weiter. Er zitiert das Sefer haPardess, welches eine faszinierende Idee bringt. [Anmerkung des Übersetzers: Ebenfalls der Midrasch „Lekach Tov“ Ende Paraschat Wajeschew und der „Rokeach“ bringen diese Idee ausführlich]

Das Sefer haPardess sagt, dass Paraschat Wajeschew 112 Pessukim (Verse) umfasst. Von diesen 112 Pessukim beginnen, mit Ausnahme von 8 Versen, alle mit dem Buchstaben „Waw“! (Man beachte: Die Zählung der acht Pessukim beginnt erst nach Vers 3, wo die Reihe der Pessukim mit „Waw“ beginnt; also nicht zu Beginn der Parascha, sonst sind es 9 Verse.)

Die Erklärung dazu (Midrasch „Lekach Tov“): Fast die ganze Parascha beginnt mit „Waw“, bedeutet „Weh“! Weh um den Verkauf Josefs, weh um die Trauer von Ja’akow um Josef, weh um den Tod der Frau und Kinder Jehudas, weh um Josefs Prüfung mit der Frau Potiphars, weh um Josef im Kerker und weh um das Missgeschick des Obermundschenks und Bäckers von Pharao. Hingegen entsprechen die acht Verse, welche nicht mit einem „Waw“ beginnen, den acht Tagen zwischen der Geburt eines Knaben und seiner Brit Milah (Beschneidung). Sie weisen auf die Milah hin, welche am achten Tag stattfindet. Eine Andeutung dazu, dass Osnat, die Tochter von Potiphar, das Verdienst hatte, mit einem Beschnittenen (Josef) zu heiraten.

Ebenfalls beginnen die 85 Verse der Megillat Ruth (Rolle Ruth), mit Ausnahme von 8 Versen, mit einem „Waw“. Die Erklärung dazu (Midrasch „Lekach Tov“): Ruth hatte ebenfalls das Verdienst mit einem Beschnittenen (Boas) zu heiraten und die Mutter des Könighauses Davids zu werden.

Der Schemen haTov meint jedoch, dass alle Begebenheiten von Paraschat Wajeschew ein grosses „Waw“ (welches „und“ bedeutet) darstellen. Und dies geschah und das geschah und jenes geschah …; alles ist eine einzige lange Geschichte. Ein Ereignis geht in das nächste über. Alles geschieht als eine Abfolge von Ursache und Wirkung.

Die Torah lehrt, dass dies in der Aussenwelt so funktionieren kann. Die Geschichte beschreibt, wie eine Gegebenheit die nächste verursacht und dann wieder die nächste. Das Leben des Juden steht hingegen über der Natur.

Die acht Pessukim entsprechen der Milah. Gemäss der Überlieferung entspricht die Zahl 7 der Natur, den sieben Tagen der Schöpfung. Die Zahl 8 entspricht der Eigenschaft, über der Natur zu stehen. Aus diesem Grund ist die Beschneidung am 8. Tag, denn Milah ist „le’Ma’alah min haTewah“ (über der Natur), wie der Mahara’l in Gewurot Haschem, Kap. 40, erklärt, da es natürlich ist unbeschnitten zu sein. Juden stehen über der Natur, weil G’tt dies Awraham so mitteilte, indem er hinausführte und zu ihm sprach: „Du stehst über der Natur.“

Die acht Pessukim, welche kein „Waw“ besitzen, lehren uns etwas über den verbleibenden Rest der Parascha. Nichts davon besitzt ein „Waw“. Nichts davon ist bloss Ursache und Wirkung. Es ist nicht nur eine Geschichte. Es ist nicht irgendetwas, was einfach so natürlicherweise geschieht. Alles steht über der Natur. Es gibt tatsächlich einen grossen Plan. In der Weltgeschichte gibt es keinen Zufall. Israel untersteht nicht dem Masal (Schicksal) – wir stehen alle darüber!

Es braucht nicht viel Gelehrtheit, um die Verbindung zu den acht Tagen von Chanukka, welche auch übernatürlich sind, herzustellen. Wir alle wissen, dass das Wunder mit dem Ölkrüglein ein Wunder war. Was wir jedoch auch erkennen sollten, ist, dass das Ölwunder darauf hinweist, dass auch der Sieg im Krieg nichts mit Natur zu tun hatte, weil nichts Natur ist. Das Bestehen des jüdischen Volkes ist eine wundersame Erscheinung, ausserhalb der Kräfte der Natur.

Quellen und Persönlichkeiten:

  • 1. Midrasch: Erklärung unserer Weisen zur Torah, oft mit Gleichnissen.
  • 2. Sefer haPardes: Halachisches Werk der Schule von Raschi, 12. Jahrhundert.
  • 3. Midrasch „Lekach Tov“: Rabbi Tuvia ben Elieser, 12. Jahrhundert.
  • 4. Sefer „Rokeach“: Rabbi El’asar ben Jehuda, (1165-1238), Kabbalist, einer der Tossafisten, Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Worms.
  • 5. Mahara’l: Rabbi Jehuda Loeb von Prag, (1512 – 1609) Rabbiner, Denker und Schriftsteller.
  • 6. Schemen haTov: Rabbi Dov Weinberger. Zeitgenössischer Autor; Rabbiner in Brooklyn, New York.

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Die Bearbeitung dieses Wochenblatts erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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