Der grösste Segen ist, mit wenig zufrieden zu sein - (Raw Frand Bechukotai 5771)

Der grösste Segen ist, mit wenig zufrieden zu sein

Bearbeitet und ergänzt: S. Weinmann

Einer der Berachot (Segen), die uns G'tt in Paraschat Bechukotaj gibt, ist "…ihr werdet euer Brot zur Sättigung essen…" [Wajikra 26:5]. Raschi erklärt, dass "man nur ein wenig isst und dieses Wenige wird in seinem Magen gesegnet sein". Dieser Segen ist grösser, als wir uns vorstellen können. Dies ist vielleicht der grösste aller Segen. Dieser Segen bedeutet nicht, dass wir ein jährliches Salär von mehreren Hunderttausend Dollars verdienen sollen. Dies muss nicht unbedingt zum Segen gereichen. Der grösste aller Segen ist, dass uns genügt, was wir haben – so wenig es auch sein mag. Ein Mensch ist dann mit seinem Leben zufrieden, wenn er glücklich ist mit dem, was er hat.

Der Seforno erläutert diesen Gedanken in Paraschat Behar. Über das Schabbatjahr (in welchem Säen und Ernten verboten ist) steht: "Und wenn ihr sagen werdet: 'Was sollen wir im siebten Jahr essen?' … Ich werde euch meinen Segen im sechsten Jahr senden und die Ernte wird für drei Jahre lang reichen" [Wajikra 25:20 – 21].

Wir schliessen daraus, dass wir diesen Segen nur dann erhalten, wenn wir vorher gefragt haben: "Was sollen wir im siebten Jahr essen?" Was würde sein, wenn wir diese Frage nicht stellen? Bedeutet das, dass wir keine grössere Ernte haben werden? Ganz genau, antwortet der Seforno. Falls wir die Frage nicht stellen, BRAUCHEN wir diesen quantitativen Segen gar NICHT.

Es gibt zwei Arten von Segen: Einer ist für Quantität und einer ist für Qualität. Manchmal sehen wir in unserer Umgebung Menschen, die viel weniger Geld verdienen als wir. Trotzdem sind sie glücklich und zufrieden. Die Frau ist glücklich, die Kinder sind glücklich, alle sind zufrieden. Wir fragen uns: "Wie schaffen sie das? Sie verdienen einen Zehntel von dem, was ich verdiene. Wie machen sie das?" Die Antwort ist, dass sie mit dem Segen " ihr werdet euer Brot zur Sättigung essen " bedacht werden.

Mit diesem Gedanken erklärt der Bejt Av einen Vers, der im täglichen Gebet oft gesagt wird:

Im Kapitel Tehila leDavid (das „Aschrej“ genannt wird, und dreimal im Tag gebetet wird) [Tehilim/Psalm 145] steht der bekannte Passuk (Vers): "Du öffnest Deine Hand und sättigst jedes lebende Geschöpf mit "Razon" (nach seinem Verlangen).“ [Psalm 145:16] Der Passuk hätte eigentlich mit dem Wort "Ochel" (Speise) oder "Lechem" (Brot) schliessen sollen, womit G-tt uns speisst. Stattdessen schliesst der Vers mit mit dem Wort Razon/Verlangen? Was ist die Bedeutung, das G'tt uns mit "Razon" sättigt?

Der Bejt Av antwortet, dass das Wort "Razon" den Segen genau beschreibt. G'tt gewährt seinen Geschöpfen die Befriedigung und das Glücksgefühl, genau das zu haben, nach dem ihr Sinn steht. G'tt hat es in der Hand, den Menschen – wenn sie es verdienen – Zufriedenheit zu geben, mit dem was sie besitzen. Der Gedanke "ich habe, was ich brauche" ist der grösste Segen. Die grösste Lobpreisung von G'tt ist unsere Bekräftigung, dass er uns dieses Gefühl verschaffen kann.

Die Geschichte, in der das Jüdische Volk Wasser verlangt, führt Rav Meir Simcha von Dvinsk (der „Meschech Chochma“) zum selben Schluss. In Paraschat Chukat sagte G'tt, dass Mosche zum Felsen sprechen und Wasser beschaffen solle "für die Gemeinde UND FÜR deren Vieh" ("et ha'Ejda WE'ET be'Iram") [Bamidbar 20:8]. Wir wissen, was geschah. Mosche Rabbejnu schlug den Felsen (statt zu ihm zu sprechen) "und ein Überfluss von Wasser strömte heraus und er gab es Mensch UND Vieh zu trinken" ("et ha'Ejda U'be'Iram") [20:11]. Vor diesem Ereignis gab es eine Trennung zwischen Gemeinde und Vieh (mit dem Konjunktiv ET). Nach diesem Ereignis gab es jedoch keine solche Trennung mehr.

Rav Meir Simcha erklärt den Unterschied wie folgt: Hätte Mosche zum Felsen gesprochen und damit eine gewaltige Heiligung des G'ttlichen Namens bewirkt, so hätten sie es verdient, gar keine grosse Wassermenge zu benötigen. Die Wassermenge des Menschen und die des Viehs wären absolut nicht vergleichbar gewesen. Das Trinken der Menschen wäre eine ganz andere Art Trinken; die Menge wäre vollkommen unbedeutend gewesen. Der Durst der Menschen wäre mit ein oder zwei Schluck Wasser vollkommen gestillt: Wenn man G'ttes Willen erfüllt, ist man bereits mit einer kleinen Menge zufrieden. Dieses Konzept von "gesegnet sein im Inneren" existiert bei Tiere nicht - sie benötigen immer viel Wasser. Darum gab es im ursprünglichen Befehl für das Hervorbringen von Wasser eine Trennung zwischen dem Trinken der Menschen und dem Trinken der Tiere. Als jedoch die Heiligung des G'ttlichen Namens misslang, konnten die Menschen die Stufe nicht erreichen, mit wenig befriedigt zu sein. Deshalb gab es schlussendlich zwischen dem Trinken von Mensch und Vieh keinen Unterschied mehr.

Der Rambam (Maimonides) schreibt am Ende der Gesetze über Schmitta (Schabbatjahr) und Jowel (Erlassjahr) [13:13]:

ולא שבט לוי בלבד, אלא כל איש ואיש מכל באי העולם, אשר נדבה רוחו אותו, והבינו מדעו, להבדל לעמוד לפני י"י לשרתו ולעובדו, לדעה את י"י, והלך ישר כמו שעשהו האלקים, ופרק מעל צוארו עול החשבונות הרבים, אשר בקשו בני האדם, הרי זה נתקדש קדש קדשים, ויהיה י"י חלקו ונחלתו לעולם ולעולמי עולמים, ויזכה לו בעולם הזה דבר המספיק לו, כמו שזכה לכהנים ללוים, הרי דוד ע"ה אומר: י"י מנת חלקי וכוסי אתה תומיך גורלי.

Und nicht nur der Stamm Levi alleine, sondern jeder Mensch auf der ganzen Welt, dessen Geist ihn veranlasste und sein Intellektuell ihm das Wissen verschaffte sich abzusondern, um vor G-tt (fortwährend) zu stehen, um Ihm zu dienen und Sein Wissen sich anzueignen, und fromm und gerade umherwandelt, wie G-tt ihn erschaffen hat und das Joch der „vielen Kalküle“ abwirft, nach denen die Menschheit dauernd strebt, dann hat er sich als Allerheiligster geweiht. G-tt wird sein Anteil und Erbe für immer und ewig sein, und ER wird ihm (auch) auf dieser Welt alles zur Genüge geben, das für ihn reicht, wie ER es den Kohanim (Priestern) und Lewijim (Leviten) gegeben hat; wie David Hamelech (der König) sich ausdrückt [Tehilim/Psalm 16:5]:" Du, Ewige, bist mein Anteil und mein Kelch, Du bist der Stützpfeiler meines Erbteiles“

Also verspricht G-tt jedem Mensch, der sich ehrlich dem G-ttesdienst weiht, dass er ihm alles zur Genüge geben wird, das ihm reicht.

Manchmal wundern wir uns über die jungen Pärchen, bei denen der Mann in der Jeschiwa (Talmudschule) bleibt und die ihr Leben ganz in den Dienst G'ttes stellen. Wir wissen, dass sie finanziell kaum über die Runden kommen. Wir denken, dies würde dem Gedanken des Rambam widersprechen. Sagt der Rambam nicht, dass G'tt ihnen den Lebensunterhalt sichert? Genau ausgedrückt sagt aber der Rambam, dass G'tt für "Dawar ha'maspik lo" ("das, was für ihn ausreichend ist") sorgt. Dies bedeutet nicht unbedingt $150'000.- pro Jahr. Sofern ein Mensch es verdient, genügt ihm bereits ein kleiner Betrag für seine Bedürfnisse.

Quellen und Persönlichkeiten:

________________________________________________________________________

Die Bearbeitung dieses Wochenblatts erfolgte

durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

_________________________________________________________________________

Copyright © 2011 by Verein Lema'an Achai / Jüfo-Zentrum.

Zusätzliche Artikel und Online-Schiurim finden Sie auf: www.juefo.com

Weiterverteilung ist erlaubt, aber bitte verweisen Sie korrekt auf die Urheber und das Copyright von Autor und Verein Lema'an Achai / Jüfo-Zentrum.

Das Jüdische Informationszentrum („Jüfo“) in Zürich erreichen Sie per E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! für Fragen zu diesen Artikeln und zu Ihrem Judentum.

What do you think?

Send us feedback!

Drucken