Manipulationen am Datum des Exils - (Raw Frand Wa'era 5780 - Beitrag 1)

Manipulationen am Datum des Exils

Im Passuk (Vers) steht: „Und die Kinder von Kehat waren Amram, Jizhar, Chewron und Usi’el. Die Jahre von Kehats Leben waren 133 Jahre.“ [Schemot 6:18] Raschi weist auf folgendes hin: Wir lernen aus diesem Passuk, dass – obwohl die Torah von einem 400-jährigen Exil der Juden spricht (siehe Bereschit 15:13) – nicht alle Jahre in Ägypten verbracht wurden. Das Exil begann vielmehr mit der Geburt von Jizchak.

Der Beweis, dass ein Teil der 400 Jahre ausserhalb Ägyptens zugebracht wurde, ist, dass Kehat noch im Land Kena’an zur Welt kam. Dem Vers können wir entnehmen, dass Kehat der Vater Amrams war, der seinerseits Vater von Mosche war. Zählen wir die Lebensjahre von Kehat (133), Amram (137) und 80 Jahre von Mosche (beim Auszug aus Ägypten) zusammen, kommen wir nicht auf 400 Jahre. Wenn wir noch berücksichtigen, dass sich ihre Lebenszeit überlappt und dass Kehat in Kena’an geboren wurde, ist es klar, dass das Exil in Ägypten sicher beträchtlich kürzer war als 400 Jahre.

Rav Elja Meir Bloch macht eine interessante Beobachtung. G’tt fasste den Entschluss, dass Awrahams Nachkommen 400 Jahre im Exil zu verbringen haben. G’tt war in Seiner grossen Weisheit bewusst, dass das jüdische Volk 400 Jahre „im Exil“ verbringen musste, um den Läuterungsprozess, der die Voraussetzung für den Empfang der Torah bildete, zu durchlaufen. Er kannte jedoch die innere Verfassung Seines Volkes sehr genau. Es war Ihm klar, dass sie niemals in der Lage gewesen wären, sich aus dem Exil zu lösen, wenn sie sämtliche 400 Jahre in Ägypten hätten verbringen müssen. Wie wir wissen, sanken sie dort auf eine solch tiefe geistige Stufe, dass sie keinen Moment mehr länger in Ägypten hätten bleiben dürfen.

Die „400 Jahre“ waren gleich einer gleitenden Skala. Sie hätten viel früher beginnen können. Sie hätten viel später beginnen können. G’tt traf Seine „Entscheidung“ aufgrund der geistigen Stufe des jüdischen Volkes. So kam es, dass die Uhr bei Jizchaks Geburt zu ticken begann.

Rav Bloch sagt, dass es in unserem jetzigen Exil – in unseren und in früheren Zeiten – Menschen gab, die voraussagten, dass in diesem oder jenem Zeitpunkt die Zeit der Erlösung kommen wird. Es gab grosse Menschen (viele Rischonim), welche Daten angaben und behaupteten: „Das ist das Jahr, in dem Maschiach (der Messias) kommt.“ Diese grossen Menschen irrten sich offensichtlich, denn der Maschiach kam nicht zu den angegebenen Zeiten.

Rav Bloch sagt, dass sie nicht unbedingt Unrecht hatten. Auch das ägyptische Exil hätte 400 Jahre dauern sollen; G’tt entschied jedoch, wann man zu zählen beginnen soll. Auch die Dauer des jetzigen Exils ist genau festgelegt. Im Grunde genommen hängt es jedoch von uns ab, welche Zeit G’tt für den Beginn und damit auch das Ende der Zählung wählt. Wenn das jüdische Volk zu einem bestimmten Zeitpunkt das Kommen des Maschiachs verdient, so wird er in diesem Zeitpunkt kommen und die Berechnung der richtigen Zeitdauer wird „sich ergeben“. Es kann aber auch sein, dass G’tt Maschiach bringen muss, um uns zu retten, bevor es zu spät ist. Falls sich die Umstände - genau wie in Ägypten - dramatisch verschlimmern, wird sich die richtige Zeitdauer gleichermassen „ergeben“,

Jedes der möglichen Daten hatte das Potenzial, die Basis für das Kommen des Maschiach und das Ende des jetzigen Exils zu bilden, falls alle anderen Bedingungen dafür erfüllt gewesen wären. Der Talmud [Sanhedrin 98a] führt einen Vers in Jeschajahu [60:22] an: „Der Kleinste wird sich tausendfach vermehren und der Jüngste wird zu einer mächtigen Nation; Ich bin Haschem; zu seiner Zeit („be’Itah“) werde Ich es vorantreiben („achischena“).“ Der Talmud weist darauf hin, dass es zwei mögliche Momente für die Erlösung gibt: „Erlösung „zu ihrer Zeit“ oder Erlösung, welche „Ich vorantreibe“. Die vorbestimmte Zeit („be’Itah“) ist fix. Das „be’Itah“ des ägyptischen Exils hätte eigentlich aus 400 Jahren Sklaverei in Ägypten bestanden, aber G’tt trieb diese Erlösung voran. Auch für unsere Erlösung beten wir, sie möge doch vorangetrieben werden. Aber sogar, wenn dies nicht der Fall sein wird: Es gibt einen absoluten Endpunkt, der von einer vorbestimmten Dauer abhängt.

Die in allen Generationen erfolgten Vorhersagen oder die Momente in unserer Geschichte, in denen die Menschen spürten, dass die Zeit für Maschiach „reif“ sei, waren nicht unbedingt falsche Einschätzungen zu seinem Kommen. Aus bestimmten Gründen waren jedoch diese Generationen nicht dafür geschaffen. G’tt kann – genau wie er die Grenzpunkte des ägyptischen Exils verschoben hat – auch den Endpunkt des jetzigen Exils verändern.

Quellen und Persönlichkeiten:

Rav Elja Me‘ir Bloch (1894 – 1955); Rosch Jeschiwa in Tels, Litauen und Gründer und Rosch Jeschiwa der Telser Jeschiwa in Cleveland, Ohio, USA.

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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