Raw Frand zu Parschat Wajischlach 5769

Einen Angehörigen der vorherigen Generation als Boten schicken

Parschat Wajischlach beschreibt den Tod von Riwkahs Amme, Deworah: "Deworah, die Amme von Riwkah starb und sie wurde begraben unterhalb von Bet-El, unter der Eiche, und er nannte es Träneneiche" [Bereschit 35:8]. Raschi wundert sich, weshalb sich Riwkahs Kindermädchen bei Ja’akow aufhielt, dass er sie begraben musste. Der Midrasch sagt uns, dass Deworah zum Zeitpunkt ihres Todes 133 Jahre alt war. Raschi erklärt, dass Riwkah ihr Kindermädchen zu Ja’akow schickte, um ihr Versprechen zu erfüllen, dass sie ihn benachrichtigen würde, sobald er wieder von Padan Aram heimkehren könne [Bereschit 27:45]. Deworah starb auf der Heimreise, nachdem sie diesen Auftrag ausgeführt hatte.

Raschis Worte sind sehr schwierig zu verstehen. Weshalb sollte Riwkah diese ältere Frau wählen, um auf eine solch lange Reise zu gehen? Konnte sie nicht einen passenderen Boten finden, den sie zu ihrem Sohn schicken konnte, um diesen heimzuholen?

Raw Dow Weinberger schreibt einen wunderschönen Kommentar auf diese Raschi. Ja’akow sträubte sich dagegen, das Haus von Jizchak und Riwkah zu verlassen. Riwkah beharrte darauf. Doch Ja’akow wandte ein: "Was wird mit meiner Geistigkeit sein? Wie kann ich dieses heilige Haus verlassen und im Hause des Betrügers Lawan überleben?" Riwkah versprach "Ich werde dich zurückholen und dir die verlorene Geistigkeit all dieser Jahre zurückgeben."

Eine derartige Botschaft - die Zeit sei nun gekommen, dir die verlorene Geistigkeit zurückgeben - kann man nicht durch einen Jüngling überbringen lassen. Diesen Auftrag erteilt man einer “grossen Mutter”. Um Ja’akow daran zu erinnern, wie es im Hause von Jizchak war, musste man eine Angehörige der älteren Generation schicken. Die Person, die zu jener Zeit aufgewachsen war, präsentiert ein unverfälschtes Bild. Sie kommt aus der ‘alten Welt’. Im Gegensatz zur ‘jungen Generation’ repräsentiert sie ‘wie es wirklich sein sollte‘.

Oft treffen wir einen Menschen, der nicht aus unserer Generation ist und manchmal nicht einmal aus der Generation unserer Eltern, sondern über zwei Generationen vor uns. Manchmal lohnt es sich zu beobachten, wie sich ein alter Jehudi führt. Er hat miterlebt, wie es war, ‘als die Dinge geistig noch stimmten‘.

Diejenigen, die alt genug sind, um sich an Raw Ruderman zu erinnern, sahen, wie gross die europäische Judenheit in seinen besten Jahren war. Er hatte Briefkontakt mit dem Or Sameach. Er sah den Chafez Chaim. Er sass auf dem Schoss von Reb Chaim Solowiejczyk. Er ging mit Reb Chaim Oser spazieren. Seine Reaktionen waren Torah Reaktionen. Er wusste instinktiv, was Jiddischkeit (Jüdisch-Sein) ausmachte.

Als Riwkah den Ja’akow geistig vom Hause von Lawan befreien wollte, hatte sie keine andere Wahl, sie musste jemanden senden, der die vorherige Generation repräsentierte.

Der Chafez Chaim wurde sehr alt. Er starb mit 95 Jahren. Am Ende seines Lebens wollte er nach Erez Jisrael reisen, um seine letzten Tage im Heiligen Land zu verbringen. Er wollte dort die Gesetze des Tempels und der Opfer studieren. Als Kohen hoffte er, er könnte das Kommen von Maschiach miterleben und im wiederaufgebauten Bet HaMikdasch dienen.

Er fand, dass er ein alter gebrechlicher Mann sei, welcher der europäischen Judenheit nicht mehr helfen könne, und wollte deshalb im Heiligen Land ‘in den Ruhestand gehen‘. Er beriet sich mit Raw Chaim Oser Grodzenskij, Raw von Wilna, dem damaligen (viel jüngeren) Oberhaupt der europäischen Judenheit. Raw Chaim Oser riet ihm, Europa nicht zu verlassen. Er sagte "Sogar, wenn du nicht mehr in der Jeschiwa sein kannst und keine Torah-Vorträge mehr geben kannst und sogar wenn du wegen deinem Alter nicht mehr schreiben kannst – trotzdem, wenn du bleibst, können die Menschen sehen, wie ein Jehudi aussehen sollte."

Dies kann mit Kindern verglichen werden, die am Tisch ihrer Eltern sitzen. Oft benehmen sie sich schlecht. Doch wenn ihr Grossvater mit am Tisch sitzt, dann ist ihr Benehmen ganz anders. Wenn jemand von der vorherigen Generation anwesend ist, dann ist auch automatisch eher Respekt und Ehrfurcht vorhanden.

Dies war Raw Chaim Osers Botschaft an den Chafez Chaim, und dies erklärt, weshalb Riwkahs Wahl auf Deworah fiel, um ihren Sohn von Padam Aram heimzuholen.



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