Schewat/ Paraschat Beschalach

Der Monat Nissan

 Aus Sefer Hatoda’a- Das Jüdische Jahr. Bearbeitet und ergänzt von S. Weinmann

 treebloom

 1. Namen und Sternzeichen

     1.Nissan: "Frühling"

     2.Nizan: "Knospe"

     3.Sternzeichen Widder

2. Nissan - Rosch Werischon - Der Kopf und der Erste

3. Die Mizwa, Nissan als den ersten Monat zu zählen

4. Ein Monat der Erlösung

5. Die Nissan-Tage sind Feiertage: Das Verbot des Fastens

6. Der spezielle Segensspruch im Monat Nissan

7. Der erste Nissan - mit zehn Kronen bestückt

8. Abschnitte der Tora

9. Die prächtigen Früchte des achten Einweihung-Tages (1. Nissan)

10. Neujahr für fünf Dinge

11. Das Fasten der Gerechten

 

1. Namen und Sternzeichen

Drei Namen hat dieser Monat: Anfang der Monate / der erste Monat, Chodesch Ha’Awiw und Nissan. In der Thora wird er als 'der erste Monat' erwähnt, denn er ist der erste der Monate des Jahres. Er wird auch Chodesch Ha’Awiw - Frühlingsmonat - genannt, denn in diesem Monat spriessen alle Pflanzen und alles erwacht zu neuem Leben. Die Welt wird in ihm mit Reichtum und neuer Kraft bedacht.

Der Name Nissan ist babylonischen Ursprungs. Die Juden führten diesen Namen ein, als sie aus dem babylonischen Exil zurückkehrten. Auch dieser Name bedeutet 'Frühling', denn Nissan ist ähnlich wie Nizan und dies bedeutet 'Knospe', so wie es in Schir Haschirim heisst: 'Hanizanim Niru Ba’arez - die Knospen werden im Lande sichtbar.' Die Weisen der späteren Zeit fanden in dem Wort 'Awiw' eine Andeutung: Aw-iw (12), - der Buchstabe Jud hat den Zahlenwert 10 und Bejt den Zahlenwert 2. Iw ergibt den Zahlenwert 12 - Vater der 12 (Monate).

Das Sternzeichen des Monats ist der Widder, und dies erinnert an 'Seh Lewejt Awot - ein Lamm für jedes Haus', welches von Israel für das Pessachopfer gefordert wird.

Noch bevor Israel das Gebot erhalten hatte, ein Lamm für das Opfer im Nissan zu nehmen, hatten andere Völker - und hauptsächlich Ägypten - den Widder als Symbol für die Kraft dieses Monats auserkoren. In diesem Monat ist das Sternbild eines Widders deutlich am Himmel sichtbar; Widder als Sinnbild von Reichtum werden in der heiligen Sprache auch 'Aschtarot' genannt. Dies bedeutet, dass sie ihre Besitzer bereichern – Ma’aschirot Et Ba’alejhem. Nissan ist Quelle des Segens und des Lebens für das ganze Jahr.

Die Ägypter, deren ganzes Lebensziel nur Reichtum und Körperkraft war, sahen den Widder als Gottheit an, verbeugten sich vor ihm und beteten ihn an. Doch Israel, das sich G'tt zuwendet, erhielt den Befehl, die Gottheit der Ägypter, ihrer Herren, zu schlachten und als Opfer darzubringen. Nur G'tt allein kann Reichtum und Kraft spenden. Sowohl für die Ägypter als auch für Israel ist der Widder das Sternzeichen des Monats Nissan. Doch für Israel ist es ein Symbol des G'ttesdienstes - für die Ägypter des Götzendienstes.

Den Vers 'Ziehet und nehmet euch Schafe für eure Familien und schlachtet das Pessachopfer' (Schemot 12:21) erklären unsere Weisen wie folgt: 'Ziehet eure Hände vom Götzendienst weg, nehmet euch Schafe, schlachtet die ägyptischen Götter und bringet ein Pessachopfer.' (Schemot Rabba 16) Ziehet euch vom Götzendienst zurück und haltet an den Mizwot fest. (Jalkut Bo 206)

Der Monat Nissan hat immer 30 Tage und nur einen Tag Rosch Chodesch.

 

2. Rosch Werischon - Der Kopf und der Erste

Der Monat Nissan wird 'Der Kopf der Monate' genannt, damit man alle anderen Monate nach ihm aufzähle. Warum ist dies so? Der Tag der Erlösung ist wichtiger als der Tag der Geburt, und Erlösung ist ein Ereignis, das alle anderen Geschehnisse in den Schatten stellt. Bevor Israel aus Ägypten zog, pflegten sie die Zeit vom Schöpfungstage an zu zählen, oder auch von der Welterneuerung an nach der Sintflut. So heisst es: 'Zwei Jahre nach der Sintflut' (Bereschit 11, 10). Auch die Geburt Awrahams oder der Bund - Brit Bejn Habetarim - wurden zum Anhaltspunkt der Zeitrechnung: 'Und es war am Ende von 430 Jahren...' (Schemot 12,41). Sobald aber das Volk aus Ägypten befreit herauszog, wurden all diese Zeitrechnungen nicht mehr benutzt, man zählte dann nur noch von der Befreiung an: 'Dieser Monat sei für euch Anfang der Monate.'

Man kann dies mit einem König vergleichen, der ein grosses Fest bereitete, als ihm ein Sohn geboren wurde. Dieser Sohn geriet in Gefangenschaft für einige Zeit. Als er dann durch Lösegeld wieder frei wurde, bestimmte der König diesen Tag als Jahrestag. Bevor Israel nach Ägypten hinunterzog, pflegten sie die Jahre bis zum Beginn der Unterjochung zu berechnen, d.h. sie zählten vom Bund mit Awraham an, um festzustellen, wieviele Jahre schon vorbei sind von den vorausgesagten 400 Jahren der Knechtschaft. Doch vom Tage ihrer Befreiung an, nachdem G'tt ihnen all die Wunder hat geschehen lassen, begannen sie die Zeit mit dem Monat ihrer Erlösung zu zählen: 'Dieser Monat sei euch Anfang der Monate.' (Schemot Rabba 15)

'Der Erste sei er für euch.' Alles was mit Erstem bezeichnet wird, ist für euch, für euer Wohlergehen. Es ist dann unwichtig, ob die Sache an sich gut oder schlecht ist, für euch ist sie gut. Das Erste ist immer für euch - zu eurem Nutzen.

'Der Erste sei er für euch' ist auch eine Andeutung für G'tt, den Ersten. So steht in Jeschajahu 44, 6: 'Ich bin der Erste...' Auch Zion wird Rischon - das Erste genannt' ... Marom Merischon Mekom Mikdaschenu .. .' (Jirmijahu 17, 12) Essaw wird ebenfalls 'der Erste' genannt: 'Wajeze Harischon... ' (Bereschit 25, 25) Auch der Maschiach heisst 'der Erste', denn es heisst: 'Rischon Lezion... - der Erste für Zion, siehe er kommt...' (Jeschajahu 41, 27) Der Heilige, gelobt sei Er, der der Erste genannt wird, wird kommen, um das Bejt Hamikdasch, das das Erste genannt wird, wieder aufzubauen. Er wird Essaw, der auch der Erste genannt wird, die gerechte Strafe geben. Dann wird Maschiach, der auch 'Erster' genannt wird, kommen, und dies im ersten Monat. 'Dieser Monat sei euch der Erste...' (Schemot Rabba 15)

3. Die Mizwa, Nissan als den ersten Monat zu zählen

So schreibt der Ramban: ' Dieser Monat sei euch der Anfang aller Monate' bedeutet, dass beim Aufzählen der Monate Israel mit Nissan beginnen soll, Ijar, der Zweite usw., so dass beim Nennen der Monate das grosse Wunder des Auszuges stets in der Erinnerung wachgehalten wird. Darum haben die Monate in der Tora keine Namen, sondern es heisst: 'Im dritten Monat' oder 'Es war im zweiten Jahr, im zweiten Monat als die Wolke sich erhob' oder 'Im siebten Monat, am ersten des Monats' und viele andere Beispiele.

Ähnlich ist es beim Aufzählen der Wochentage, die immer Bezug auf den Schabbat haben, um ihn in Erinnerung zu bringen. So soll auch der Auszug aus Ägypten und die Befreiung beim Aufzählen der Monate uns immergegenwärtig bleiben.

Der eigentliche Jahresanfang beginnt mit dem Monat Tischri. 'Und das Fest des Einsammelns bei der Jahreswende' und 'Wenn das Jahr zu Ende geht.' Doch nennen wir Nissan den ersten und Tischri den siebten Monat, weil wir damit ausdrücken wollen, dass Nissan der erste der Befreiung ist.' (Ramban zur Tora, Schemot 12)

Nach einer Auffassung ist es nicht richtig, für Dokumente und amtliche Papiere die nicht-jüdischen Monate mit 1. ,2. ,3. usw. zu bezeichnen, weil uns die Tora vorschreibt, Nissan den ersten zu nennen. Kein anderer Monat als der Nissan soll erster Monat genannt werden. So sollte man die nichtjüdischen Monate mit ihren Namen Januar, Februar, März usw. erwähnen.

4. Ein Monat der Erlösung

Das Wort 'Erlösung' wird nur dann erwähnt, wenn es sich um ein Hinausgehen aus der Dunkelheit ins Licht handelt. Ein Mensch, der nie das Leid der Versklavung und der Unterdrückung verspürt hat, ist nicht imstande, eine Erlösung zu schätzen. Um den wahrhaftigen Sinn von Erlösung zu verstehen, muss man das Gefühl der Freiheit haben, das man nach der Unterdrückung verspürt. Wären die Benej Jisrael nie versklavt gewesen, so hätten sie nie wahre Freiheit erlebt. Die Versklavung selbst war es, die eine Erlösung hervorbrachte. Nur aus der Finsternis kann das Licht hervorbrechen! So sagten unsere Weisen: Die Benej Jisrael sprachen zum Heiligen, gelobt sei Er: Herr der Welt, wann wirst Du uns erlösen? Da antwortete Er: Erst wenn ihr in die tiefste Stufe gesunken seid, kann Ich euch erlösen. (Jalkut Hoschea 533)

Als Jizchak geboren wurde, sagten alle: Dieses Kind ist als Sklave geboren, denn G'tt hat ja zu Awraham gesagt: 'Ki Ger Jihje Sar‘acha - ein Fremdling wird dein Nachkomme sein'. Jizchak wurde aber der Stammvater einer Nation, die Erlösung und Freiheit erfahren durfte.

Auch bei der 'Akeda' - als Jizchak auf den Altar gebunden wurde, schien es, als ob Awrahams Nachkommen für immer aus der Welt verschwinden sollten. Doch gerade die Bindung Jizchaks ist zur Quelle eines Privilegs geworden. Jizchaks Verdienst war es, den kommenden Generationen zu ewigem Bestand zu verhelfen.

Als Ja’akow Essaw‘s Kleider anzog, um den Segen seines Vaters zu erhalten, fürchtete er sich, als Betrüger in den Augen seines Vaters zu erscheinen - und glaubte so, einen Fluch statt einen Segen auf sich zu laden. Doch als er dann hinausging, war er mit Segen für sich und die kommenden Generationen überhäuft.

So ist es immer in der Geschichte Israels. Nach Not und tiefem Leid kommt Errettung und Licht. Je grösser das Leid, umso heller erstrahlte das Licht danach! Auch die kommende Erlösung wird die Dunkelheit durchbrechen. In dem Augenblick, in dem jedes Herz verzweiflungsvoll zittert, wird G'ttes Herrlichkeit erstrahlen. Und wann wird dies sein? Im Monat Nissan, den G'tt zur Erlösung bestimmt hat. Wie gross auch das Unglück sein möge, das Israel in diesem Monat geschieht, ist es nichts anderes als ein Zeichen für den Beginn der Erlösung.

So verbinden auch unsere Weisen den Vers 'Hachodesch Hase... - dieser Monat sei euch...' mit den Versen in Tehillim (33:11): 'Azat Haschem Le’Olam Ta‘amod... - der Rat G'ttes wird immer Bestand haben...' und 'Aschrej Hagoi, Ascher Haschem Elokaw - wohl dem Volke, das den Ewigen seinen G'tt nennt.' (ibid. 33:12) Als der Heilige, gelobt sei Er, diese Welt erschaffen hatte, setzte Er Monate und Jahre für immer fest: 'G'ttes Rat hat für immer Bestand'. Als Er Ja’akow und seine Söhne auserwählte, hat Er für sie einen Monat der Erlösung bestimmt - einen Monat, in dem Israel aus Ägypten erlöst werden wird; einen Monat, in dem sie auch die endgültige Erlösung erleben werden. In diesem Monat wurde Jizchak geboren, und in diesem Monat wurde er auf den Altar gebunden. In diesem Monat erhielt Ja’akow seinen Segen, und in diesem Monat deutete G'tt Israel an, dass Nissan der Anfang ihrer Erlösung sein werde. Denn es heisst: 'Es sei euch der erste der Monate des Jahres', und darum heisst es auch: 'Aschrej Ha’Am Sche’Haschem Elokaw - glücklich ist das Volk, dessen G'tt der Ewige ist.' (Schemot Rabba 15)

 

Der Monat Nissan (2. Teil)

 

5. Die Nissan-Tage sind Feiertage: Das Verbot des Fastens

Im Monat Nissan fastet man nicht, ausser am ersten, zehnten und sechsundzwanzigsten des Monats, die Ta’anit Zaddikim (Fasttage für Fromme) sind. Am ersten Nissan starben Nadaw und Awihu, Söhne von Aharon Hakohen, am zehnten starb Mirjam und am sechsundzwanzigsten Jehoschua bin Nun. Auch das Fasten der Erstgeborenen am Erew Pessach ist gestattet. Auch Braut und Bräutigam fasten im Nissan an ihrem Hochzeitstag, sogar am Rosch Chodesch. Auch nach einem bösen Traum hat man das Recht, zu fasten – Ta’anit Chalom.

Im Monat Nissan werden für einen Verstorbenen keine Trauerreden gehalten, ebenso wird kein Zidduk Hadin (Anerkennung von G'ttes Gerechtigkeit), das bei Trauerfällen gesprochen wird, gesagt. Auch Haskarat Neschamot (Seelen-Gedächtnis-Gebete für Verstorbene) werden keine abgehalten, ausser am letzten Tag Pessach. Wir sagen weder Nefilat Apajim-Tachanun noch Aw Harachamim am Schabbat-Vormittag und auch kein Zidkatcha Zedek am Nachmittag, denn dieser Monat hat eine spezielle Keduscha (Heiligkeit), und all seine Tage sind wie Feiertage.

Der Grund, warum Tachanun beim Gebet weggelassen wird ist folgender: Während der ersten 12 Tage des Monats Nissan brachten die Stammesfürsten ihre Opfer zur Einweihung des Altars dar, und so war jeder Tag ein Festtag für den Darbringenden. Nachher haben wir Erew Pessach und Pessach selbst, darauf folgt Issru Chag, der Tag nach jedem Wallfahrtsfest. Da nun die meisten Tage des Monats geweiht sind, wird der ganze Monat als heilig betrachtet.

Im Traktat Sofrim lesen wir: Es war Sitte unserer Weisen aus dem Westen - Erez Jisrael - an drei verschiedenen Tagen zu fasten. Dies in Erinnerung an die drei Fasttage von Mordechai und Esther, und zwar nach Purim am Montag, Donnerstag und wieder am darauffolgenden Montag. Warum fasteten sie nicht im Monat Nissan, an denen die Ereignisse (drei Fasttage) stattgefunden hatten? Dies aus den (bereits obenerwähnten) Gründen: Errichtung des Mischakans (Stiftzeltes) und Darbringung der Opfer der Stammesfürsten. Wenn einst das Bejt Hamikdasch wieder aufgebaut wird, geschieht dies auch im Nissan, so wie es heisst: 'We'ejn kol Chadasch tachat Haschamesch - Es gibt nichts Neues unter der Sonne' [Kohelet 1/9]. Es wird also während des ganzen Monats Nissan kein Tachanun gesagt und nicht gefastet, bis der Monat zu Ende ist. Eine Ausnahme bildet das Fasten der Erstgeborenen am Erew Pessach. Es gibt Fromme, die auch an diesem Tag fasten, damit sie die Mizwa des Mazza-Essens mit mehr Genuss erfüllen können.

6. Der spezielle Segensspruch im Monat Nissan

'Geht man im Nissan hinaus in die Felder oder in den Garten und sieht blühende Bäume und springende Knospen, sagt man folgenden Segensspruch: ‘Gelobt seist Du, Ewiger, unser G"tt, König der Welt, der nichts hat fehlen lassen in seiner Welt, und in ihr schöne Geschöpfe und gute Bäume erschaffen hat, um damit die Menschen zu erquicken.’ Diese Beracha sagt man nur über Bäume mit essbaren Früchten und nicht über andere Baumarten. Sieht man diese blühenden Bäume in anderen Monaten, kann man auch diese Beracha sagen, jedoch sind die Mekubalim  der Meinung, dass diese Beracha nur im Nissan gesagt werden soll.

Nach Möglichkeit soll diese Beracha an einem Wochentag und nicht am Schabbat oder Feiertagen gesagt werden, ist aber nicht zwingend. Nach Möglichkeit soll man beim Sprechen dieser Beracha mindestens zwei blühende Fruchtbäume sehen, ist aber nicht zwingend. Man soll die Beracha nur über blühende Bäume sprechen, die die drei Jahren der Orlazeit schon hinter sich haben, in der Regel blühen die Bäume aber erst nach dieser Zeit. Man sagt diese Beracha nur einmal im Jahr. Sieht man den Baum erst, wenn die Früchte schon an ihm reifen, kann die Beracha dennoch gesagt werden. Sind die Früchte aber schon pflück- und essreif, sagt man die Beracha nicht mehr, da man da bereits 'Schehechejanu' - den Segensspruch über eine neue Frucht - schon beim ersten Anblick der Frucht vor dem Genuss sagen kann. Bei jedem Zweifel über eine zu sprechende Beracha wird für die erleichternde Dezision entschieden.

7. Der erste Nissan - mit zehn Kronen bestückt

Rosch Chodesch Nissan, der erste Tag des Monats Nissan, hat eine ganz besondere Bedeutung, denn er ist ja der erste Tag des Monats, der selbst der erste aller Monate ist. Es ist der Tag, den G"tt für die Einweihung des Stiftszeltes bestimmt hatte und auch der Tag, an dem die G"ttliche Nähe, die Schechina, erstmals in Israels Mitte zu weilen begann. An diesem Tag lehrte G"tt Mosche Rabbejnu (unseren Lehrer) acht Abschnitte der Tora, und wenn einst das dritte Bejt Hamikdasch gebaut werden wird, werden an diesem Tag Einweihungsopfer dargebracht werden, so wie es im Buch Jecheskel Kap. 45 beschrieben wird.

Wenn nun auch der erste Nissan auf einen Sonntag fällt (wie dieses Jahr 5781), dann ist es genau wie beim allerersten Nissan (nach dem Auszug aus Ägypten), an dem das Mischkan, das Stiftszelt, eingeweiht wurde, das auch am ersten Tag der Woche, also an einem Sonntag stattfand. Dieser erste Rosch Chodesch Nissan, der den Anfang alles Guten und alles Segens für diesen Tag in allen Jahren bedeutet.

Unsere Weisen sagten [Talmud Traktat Schabbat 87b]: Dieser Rosch Chodesch Nissan, im zweiten Jahr der Wüstenwanderung, der auf einen Sonntag fiel, erhielt zehn Kronen:

  1. 1. An diesem Tag, d.h. am ersten Wochentag, begann die Schöpfung der Welt.
  2. 2. Es war auch der Tag, an welchem der erste der Fürsten, Nachschon ben Aminadaw, vom Stamm Jehuda, sein Einweihungs-Opfer dargebracht hatte.
  3. 3. Es war der Tag, an dem Aharon und seine Söhne ihren Priesterdienst begannen (bis zu diesem Zeitpunkt verrichteten die Erstgeborenen die Pflicht der Awoda).
  4. 4. Es war der erste Tag der Awoda (Tempeldienst), an dem die Gemeinde-Opfer dargebracht wurden.
  5. 5. Es war der erste Tag, an dem das Feuer vom Himmel kam [Wajikra 9:24]: 'Und ein Feuer ging vom Ewigen aus und verzehrte, was auf dem Altar war…'
  6. 6. Es war der erste Tag, an dem die Kodaschim in ihren Abschrankungen gegessen wurden. Bis anhin konnte man überall auf Bamot (Anhöhen) Opfer darbringen und verzehren. Von nun an konnten Teile der Opfer nur in gewisse geheiligte Gebiete gegessen werden.
  7. 7. Es war der erste Tag, an dem die Schechina, die G"ttliche Anwesenheit, inmitten des Volkes weilte, wie es heisst: ‘…weschachanti betocham’, Ich werde in ihrer Mitte weilen.
  8. 8. Es war der erste Tag, an dem das Volk Birkat Hakohanim (den Priestersegen) erhielt, wie es heisst [Wajikra 9:22]: 'Und Aharon erhob seine Hände gegen das Volk und segnete sie...'
  9. 9. Es war der erste Tag, an dem die Bamot, die Anhöhen, verboten wurden, denn von nun an durften alle Opfer nur auf dem Misbe’ach (Altar), am Eingang des Mischkan, dargebracht werden.
  10. 10. Und schliesslich war es der erste Tag des Monats, der als Erster aller Monate gekennzeichnet wurde.

8. Acht Abschnitte der Tora

Rabbi Levi sagte: Am ersten Nissan, am Tag, an dem das Mischkan errichtet wurde, erhielt Mosche acht Tora-Abschnitte [Talmud Traktat Gittin 60 und Raschi hierzu]. Es sind dies:

1. Vorschriften für die Kohanim: 'Emor El Hakohanim' [Wajikra 21]

2. Die Vorschriften für die Lewiten: 'Kach Et Halewijim..', nimm die Lewiten aus der Mitte der Benej Jisrael [Paraschat Beha’alotecha, Bamidbar 8], die den Opferdienst mit ihrem Gesang begleiteten.

3. Die Vorschriften betreffs der Unreinen: 'Und es waren Leute, die sich verunreinigt hatten...’ [Paraschat Beha’alotecha, Bamidbar 9, 6-14], die das Pessachopfer nicht darbringen konnten.

4. Die Vorschriften für Unreine, die aus den Lagerstätten fortgeschickt werden mussten: 'Und jeder Aussätzige und Unreine soll aus dem Lager weggeschickt werden…, [Paraschat Nasso, Bamidbar 5:1-4]. Es war der Tag, an dem die drei Lager bestimmt wurden.

5. Die Vorschriften, die nach dem Tod der beiden Söhne Aharons gegeben wurden. Dieser Abschnitt wird am Jom Kippur gelesen, wurde aber am Rosch Chodesch Nissan Mosche mitgeteilt, da es heisst: 'We'al jawo bechol Et el Hakodesch', und er komme nicht jederzeit in das Heiligtum… [Paraschat Acharej Mot, Wajikra 16:1-34]. Die Söhne Aharons waren gestorben, weil sie in unerlaubter Weise das Allerheiligste betreten hatten.

6. Die Vorschriften betreffs des Berauschens: 'Jajin weSchechar al tejscht'…, du sollst weder Wein noch sonstige berauschende Getränke trinken…, [Paraschat Schemini, Wajikra 10:8-11), dies als Warnung für die diensthabenden Kohanim.

7. Die Vorschriften für die Lichter: 'Beha’alotecha et Hanerot', wenn du die Lichter aufleuchten lässt… [Bamidbar 8:2]. Es war am Rosch Chodesch Nissan, als man die ersten Lichter der Menora anzündete.

8. Die Vorschriften betreffs der roten Kuh, Parschat Para [Bamidbar 19], denn am nächsten Tag wurde die rote Kuh verbrannt, damit man sich für das Pessachopfer reinigen konnte.

9. Die prächtigen Früchte des achten Einweihung-Tages (1. Nissan)

Im Midrasch Raba [Bamidbar 13] heisst es: 'Wajehi Hamakriw', und derjenige, der sein Opfer am ersten Tag (1. Nissan) brachte. Rabbi Jossi sagt: Wann begann die Einweihung des Stiftszeltes? Am 23. Adar, und am Rosch Chodesch Nissan wurde sie vollendet. Während dieser sieben Tage stellte Mosche täglich das Zelt auf und nahm es wieder auseinander, jedoch am achten Tag stellte er es auf, nahm es aber nicht auseinander. Es war dies der erste Tag der Woche und Rosch Chodesch Nissan. An diesem selben Tag reinigten sich Aharon und seine Söhne und verrichteten den Dienst nach Vorschrift. An diesem Tag brachten auch die Benej Jisrael ihre Gelübde, ihre freiwilligen Opfer, Sünd- und Schuldopfer, ihre erstgeborenen und Zehnten (Ma’assrot) von Rinder und Vieh.

Für diesen Tag wird der Vers aus Schir Haschirim 4, 16 angewandt: 'Erwache, oh Nordwind, und komme du des Südens, blase in meinem Garten, damit seine Gewürze duften, dass mein Geliebter (dadurch) in den Garten kommt und dort die prächtigen Früchte essen möge (die ich ihm bereitet habe)… das ist der achte Tag der Einweihung (Rosch Chodesch Nissan)!'

10. Neujahr für fünf Dinge

Der erste Nissan ist der Jahresbeginn für die Könige, für die Wallfahrtsfeste, für die Berechnung der Monate und der Schaltjahre und auch für die Schekelgabe.

  1. 1. Für Könige: Die Regierungszeit der Könige wurde von Nissan an gerechnet. Sogar wenn ein König seine Amtszeit erst Ende Adar begann, wurde der erste Nissan als Beginn seines zweiten Regierungsjahres gerechnet.
  2. 2. Für die Wallfahrtsfeste: Das Wallfahrtsfest dieses Monats, der mit dem ersten Nissan beginnt, ist Pessach, das erste der drei Wallfahrtsfeste. Es soll der Mensch darauf bedacht sein, die Erfüllung eines Gelübdes nicht zu verschieben. Hat jemand ein Neder (Gelübde) gemacht ein Korban (Opfer) darzubringen, muss er es bis zum dritten Wallfahrtsfest darbringen. Hat er drei Wallfahrtsfeste verstreichen lassen übertritt er ein 'Law', (Verbot) von ‘Bal Te’acher’ [Siehe Dewarim 23:22: Wenn du deinem G-tt ein Gelübde tust, so zögere nicht damit, es zu erfüllen…]. Nach Meinung mancher Tana’im, beginnt die Berechnung der drei Wahlfahrtfeste ab Pessach, denn dieses Fest ist im Nissan, der immer als erster Monat gilt.
  3. 3. Für die Monate: Nissan ist der erste Monat des Jahres, alle anderen Monate werden nach ihm aufgezählt.
  4. 4. Für die Berechnung der Schaltjahre: Wenn das Bejt Din ein Schaltjahr bestimmen will, muss der zusätzliche Monat vor Rosch Chodesch Nissan eingeschaltet werden, ein Adar Schejni, ein zweiter Monat Adar. Hat der Monat Nissan bereits begonnen, kann kein Schaltjahr mehr angeordnet werden.
  5. 5. Für die Bestimmung der Schekelabgabe: Alle Gemeinde-Opfer, die ab dem 1. Nissan dargebracht werden, müssen mit den Schekalim gekauft werden, die im neuen Jahr eingesammelt wurden, d.h. im Adar vor Rosch Chodesch Nissan an, und nicht vom Geld, das vom vorherigen Jahr übriggeblieben ist.

11. Das Fasten der Gerechten

Obwohl Rosch Chodesch Nissan eine so hervorragende Stellung einnimmt, und obwohl es im Allgemeinen verboten ist, am Rosch Chodesch zu fasten (und überdies ist auch noch der ganze Monat Nissan für Fasttage ungeeignet), wurde trotzdem Rosch Chodesch Nissan als Fasttag für Zaddikim (Gerechte/Fromme) festgesetzt. Ein Fasttag wegen dem Ableben/Umkommen von   Zaddikim, denn der Tod eines Zaddiks gleicht der Zerstörung des Tempels.

Am gleichen Tag, an dem das Mischkan, Stiftszelt, errichtet wurde, die G"ttliche Anwesenheit über Israel ruhte, die Liebe zwischen Israel und G"tt mit der Liebe eines jungen Brautpaares verglichen werden konnte und die Freude der Himmelsscharen und der Erdbewohner so gross war wie die Freude von Brautbegleitern, an diesem Tag geschah ein Ereignis, das diese Freude trübte. 'Die Söhne Aharons, Nadaw und Awihu, nahmen jeder seine Pfanne, gaben Feuer in sie, legten darauf Räucherwerk, und brachten vor G"tt fremdes Feuer nahe, das Er ihnen nicht geboten hatte. Da ging Feuer von G"tt her aus, verzehrte sie, und sie starben vor G"tt' [Wajikra 10, 1-2].

Trotz all diesem wurde die Freudenfeier nicht abgebrochen, und der Dienst im Stiftszelt wurde fortgesetzt. Aharon sah seine beiden Söhne tot vor sich, überwand seine Trauer, um G"tt und Seinen Dienst zu ehren. Alle Opfer wurden ordnungsgemäss dargebracht, die Priester versahen ihren Dienst, die Lewiten sangen ihre Lieder auf den Emporen, Nachschon ben Aminadaw, Fürst des Stammes Jehuda, brachte seine Opfer dar, Israel stand bereit, und G"ttes Herrlichkeit erschien vor dem ganzen Volk. 'Ich kam in meinen Garten (den du mir hergerichtet hast), meine Schwester, Braut (Klal Jisrael), ich pflücke meine Myrrhe samt meinem Balsam, esse meine Wabe samt meinem Honig, trinke meinen Wein samt meiner Milch. Esset, Freunde (die ich einlade), trinkt und berauscht euch meine Geliebten!' (Schir Haschirim 5, 1).

Sollte nun für diese beiden grossen Gerechten, die am Tag der 'Hochzeit' starben, keine Trauer gehalten werden? Sollten sie etwa vergessen werden? Nicht sollte ihrer Ehre Abbruch tun, und auch ihre Frömmigkeit sollte nicht vergessen werden, doch konnten bei diesem Anlass Freude und Trauer nicht vermischt werden. 'Eure Brüder aber, das ganze Haus Israels, sollen den Brand beweinen, welchen G"tt gezündet’ [Wajikra 10, 6].

So soll in kommenden Generationen, wenn dieser Tag in Erinnerung gerufen wird, wenn der erste Nissan kommt, Freude zum Ausdruck gebracht werden, Freude über den Bund der Liebe, den Israel damals mit seinem Vater im Himmel geschlossen hat, ein ewiger Bund. Aber auch die Erinnerung der Trauer über die beiden Söhne Aharons soll wachgehalten werden. Sie hätten Brautführer an jenem Hochzeitstag sein sollen, doch war es ihnen nicht vergönnt. Sie starben an diesem Tag, der ein Höhepunkt der Geschichte unserer Welt bedeutet, und überliessen die Freude den anderen. Damals wurden sie nicht betrauert, weil ganz Israel in Freude schwelgte. Auch Kinder hinterliessen sie nicht, die sie beweinen könnten.

Grösser ist die Trauer, der man zur gegebenen Zeit keinen Ausdruck verleihen konnte, als die Trauer, die in der ihr bestimmten Zeit ihren Ausdruck fand. Doch so wie zu jener Zeit die Trauer der Freude keinen Einhalt gewährte, so ist es die Pflicht der kommenden Generationen, die Erinnerung dieser beiden Gerechten aufrechtzuerhalten und ihr Andenken, trotz der Freude, an diesem ersten Nissan zu ehren. Darum heisst es auch: 'Eure Brüder, das ganze Haus Israels (in allen Generationen) sollen weinen…’

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Die Bearbeitung dieses Beitrages erfolgte durch Mitarbeiter des Jüfo-Zentrums in Zürich

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