Zwei Mal lesen wir in der Tora über das Gebot an Rosch Haschana Klänge zu hören, die in der Sprache der Tora "Trua" genannt werden. Das Wort Trua wird in der deutschen Übersetzung mit "Posaunenschall" übersetzt.

„Im siebenten Monat, am ersten des Monats soll euch ein Tag der Ruhe, der Erinnerung durch Posaunenschall..sein." (Wochenabschnitt Emor)

„Und im siebenten Monat...ein Tag des Posauenschalls soll er euch sein." (Wochenabschnitt Pinchas)

Nun sagt aber die Tora nicht, wie und womit diese "Trua" erklingen soll. Denn das Wort "Trua" meint einen starken und besonderen Klang, einen Ton, der erklingen soll, jedoch verweist die Tora nicht auf das Instrument, welches diesen Ton produzieren soll. (Daher ist die deutsche Übersetzung von Trua mit "Posaunenschall" etwas irreführend)

Nun finden wir in der Tora einen dritten Vers, der von einer Trua spricht, die erklingen soll, und zwar im Kontext des "Yowel", nach dem 49. Jahr, wenn zum 7. Mal das Ruhejahr (Schmita) in Erez Israel eingetreten ist. Und die Tora schreibt über den Yowel:

„Und im siebenten Monat...lasse ertönen den Schofar-Posauenschall (Schofar-Trua), am Versöhnungstag sollt ihr im ganzen Lande den Schofar ertönen lassen." (Wochenabschnitt Behar)

"והעברת שופר תרועה בחדש השביעי בעשור לחדש..תעבירו שופר בכל ארצכם"

Der Talmud bespricht und diskutiert die Struktur und die Reihenfolge dieses letzten Verses, denn der Vers hat einen eigentümlichen Satzbau. Zu folgendem Ergebnis kommt nun der Talmud (siehe Talmud Rosch Haschana, Blatt 33 und 34):

1.) Jede Trua, die im Kontext von Rosch Haschana genannt wird, ist genauso wie die Trua des Yowel, nämlich eine Schofar-Trua. Das bedeutet: Die Klänge an Rosch Haschana müssen von einem Schofar erfolgen.

2.) Alle Schofar-Klänge haben dieselbe halachische Klang-Reihenfolge, wie das Grundbeispiel des Yowel-Schofars. Und in diesem Vers ist die Rede von 3 Klängen, die aufeinander folgen: „lasse ertönen ( einfacher Klang) den Schofar-Posauenschall (der 2. besondere Trua-Klang), am Versöhnungstag sollt ihr im ganzen Lande den Schofar ertönen lassen. (wieder ein einfacher Klang)"

3.) Da nun 3 Mal in der Tora die Rede von Schofar-Klängen ist, und nach talmudischer Auslegung diese Klänge, wo immer sie in der Tora auftauchen (ob an Rosch Haschana, oder im Yowel) sie eine einheitliche Struktur haben, haben wir es also mit 3 Klängen, die drei Mal erfolgen müssen, zu tun. Und das bedeutet halachisch: 9 Schofar-Klänge haben nach Tora-Gesetz zu erfolgen.

Die Reihenfolge der Klänge, so wie wir aus den zitierten Versen lernen, müssten dann eigentlich so erfolgen:

Einfacher Klang (Tkia) – danach: der besondere Schofar-Klang (Trua) – und wieder: einfacher Klang (Tkia)

Dies 3 Mal wiederholt (also 9 Klänge) ist das Tora-Gebot des Schofars.

Nun aber legt der Talmud fest, dass wir zwar wissen, was ein einfacher Klang ist, nämlich ein durchgehender und eintöniger Schofar-Klang. Jedoch wussten selbst die talmudischen Gelehrten nicht eindeutig festzulegen, wie ein Trua-Klang zu sein hat:

Ist die Trua, dieser besondere und nachhaltige Klang von dem die Tora spricht, ein gebrochener jaulender Klang, den wir Schwarim nennen. Oder ist mit Trua das Aufeinanderfolgen kurzer Schofar-Klänge gemeint.

Wegen dieses Zweifels hat der Talmud festgelegt, dass wir alle möglichen Variationen durch den Schofar erklingen lassen müssen. Und daher ergeben sich nun, aus diesem Zweifel heraus, halachisch tatsächlich insgesamt 30 Schofar-Klänge, die wir nach Tora-Gesetz hören müssen. Und diese wären:

Tkia (einfacher Klang) – Schwarim (gebrochener Klang) – Trua (kurze Klänge) – Tkia (einfacher Klang) (wird 3 Mal wiederholt)

Tkia (einfacher Klang) – Schwarim (gebrochener Klang) – Tkia (einfacher Klang) (wird 3 Mal wiederholt)

Tkia (einfacher Klang) – Trua (kurze Klänge) – Tkia (einfacher Klang) (wird 3 Mal wiederholt)

zusammen: 30 Schofar-Klänge

Diese 30 Schofar-Klänge hören wir an Rosch Haschana vor dem Mussafgebet (Zusatzgebet), und es ist sehr wichtig diese Klänge allesamt und in dieser Variation zu hören, um das Tora-Gebot den Schofar zu hören, zu erfüllen.

Hinzu aber kommt, dass der Talmud den Brauch hinzugefügt hat, dass wir im (bzw. nach der Wiederholung) des Mussaf-Gebetes ebenso Schofar zu hören haben. Und zwar immer nach Beendigung der 3 mittleren Abschnitte des Gebetes: Malchuyot, Sichronot, Schofarot.

Hier gibt es nun einen Streit unter den Rischonim, in welcher Klang-Struktur und in welcher Anzahl diese zusätzlichen Schofar-Klänge zu erfolgen haben. Nach der Methode von Rabeynu Tam z.B. hören wir nach Beendigung von jedem der genannten 3 Gebetsabschnitte immer:

Tkia (einfacher Klang) – Schwarim (gebrochener Klang) – Trua (kurze Klänge) – Tkia (einfacher Klang)

Nach dem RamBam (auch andere Rischonim halten so, viele Ashkenas-Gemeinden folgen hier dem RamBam):

Tkia (einfacher Klang) – Schwarim (gebrochener Klang) – Trua (kurze Klänge) – Tkia (einfacher Klang)

→ nach Beendigung von Malchuyot

Tkia (einfacher Klang) – Schwarim (gebrochener Klang) – Tkia (einfacher Klang)

→ nach Beendigung von Sichronot

Tkia (einfacher Klang) – Trua (kurze Klänge) – Tkia (einfacher Klang)

→ nach Beendigung von Schofarot

Hierzu gibt es verschiedene Bräuche, was Klang-Struktur und Anzahl der zusätzlichen Schofar-Töne betrifft, die von den verschiedenen Kehilot (Sefard-Chassidim, Ashkenas, Sfaradim, Teymanim, Chabad) nach ihrer halachischen Überlieferung festgelegt werden.



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